„Merci Engie“
1. Oktober 2025 | Veröffentlicht von Stopp Tihange, Keine KommentareZur Abschaltung von Tihange-1 am 30.9.25
„Merci Engie“ – das war der spöttische Kommentar unseres belgischen Freundes Serge Fontaine angesichts der Tatsache, dass Engie (belg. Energieversorgungskonzern) tatsächlich – wie angekündigt – das Atomkraftwerk Tihange-1 in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch abgeschaltet hat.
Leider waren nur wenig der Leute, die den jahrelangen Kampf gegen die belgischen AKWs geführt haben, zusammen gekommen, um dieses Abschalt-Event mit zu erleben.
Der Abend der Abschaltung
Dafür gab an diesem Abend auch keine Drohnen und keine Polizei wie sonst üblich. Stattdessen gab es einen wunderbaren Halbmond, einen Grill (auch zum Wärmen) mit gebratenen Würstchen, Steak und Tofu und dazu kalte Getränke. Es gab die VOR-letzte Flasche Sekt unserer Spezialmarke „Grand Cuve Fissure“ (siehe Artikel von 2015) zum Anstoßen auf das Ende von T-1. Es gab Fotos … es wurde ein schöner Abend, an den sich die Beteiligten noch lange erinnern werden.
Phasen der belgischen AKW-Abschaltungen
Die kraz hatte schon mehrfach berichtet, dass das Atomkraftwerk Tihange-1 als viertes belgische Atomkraftwerk am 30.9.25 abgeschaltet werden sollte. Da einige Leute das einfach nicht glauben wollten, hatten die kraz im Vorfeld dazu die Planungsdaten dokumentiert – und jetzt können wir bestätigen, dass wir i
n dieser Nacht wirklich beobachten konnten, wie die letzten Dampfwolken aus dem Kühlturm von T-1 entwichen sind. Und heute lesen wir auch in der entsprechenden Dokumentation, dass die Stromproduktion von T-1 mittlerweile auf „Null“ steht.
Damit ist eine eine weitere Phase des Kampfes gegen „unsere“ belgischen AKWs beendet. Angefangen hatte das ganze in 2011, als Leute vom AAA (Aktionsgruppe Aachen gegen Atomenergie) herausbekommen hatten, dass im stählernen Druckbehälter des AKWs von T-2 diverse Risse (auf Französisch: ‚Fissure‘) nachweisbar sind. Das AAA hatte diese Informationen ständig weiter vertieft und konnte so eine jahrelange Kampagne aufbauen, deren Kulminationspunkt in 2017 dann die „Menschenkette der 60.000 von Tihange bis Aachen“ war.
Danach war dann klar, dass der besagte Reaktor T-2 (und sein Schwester-Reaktor Doel-3 bei Antwerpen mit den gleichen Risse-Problemen) nicht mehr vom Betreiber Engie zu halten sind. Die Fehler waren selbst innerhalb der internationalen Expertenszene zu offensichtlich und zu gravierend. Es hat aber dann noch bis 2023 gedauert, bis dieses T-2 (und Doel-3) final abgeschaltet wurden (Siehe hier die Berichte in der kraz).
Da die belgischen Atomkraftwerke mittlerweile allesamt ziemlich alt sind, kamen auch die restlichen AKW auf den Prüfstand. Für Engie war schnell klar, dass die Kosten der „Ertüchtigung“ so hoch sind, dass es sich ökonomisch für den Betreiber nicht lohnt, Geld zu investieren.
Es gab daraufhin Gespräche (und wohl auch Konflikte) mit der belgischen Regierung, was letztlich dazu geführt hat, dass zwar seitens des belgischen Staates viel Geld zur Verfügung gestellt wurde, um T-3 und D-4 tatsächlich noch um 10 Jahre zu verlängern, dass aber die restlichen fünf Atomkraftwerke vorher abgeschaltet werden müssen!
Dieser Prozess hat dann im Februar 2025 begonnen, als Doel-1 abgeschaltet wurde. Gestern kam nun auch Tihange-1 dran, ein Atomkraftwerk das schon seit über 50 Jahren läuft und wirklich das Ende seiner technischen Laufzeit erreicht hat. Damit laufen jetzt noch 3 der ehemals 7 belgischen AKWs.
Die letzte Stunde von T-1
Gemeinsam hatte man den Abend verbracht und konnte beobachten, wie immer weniger Dampf aus dem Kühlturm von T-1 herausquoll. Eine Stunde nach Mitternacht war es dann wirklich vorbei mit T-1. Die Aachener KollegInnen hatten dann einen Abschiedsblick auf die drei Reaktor-Kühltürme, von denen um 1 Uhr nur noch der eine Dampfwolken ausstieß, nämlich der von Nummer Drei.
Damit ist eine lange Phase der Anti-AKW-Bewegung im Raum Aachen vermutlich zu Ende gegangen. Obwohl es durchaus noch Probleme mit den Nachwehen der Nukleartechnik gibt (u.a. bei den Castor-Transporte aus Jülich), so ist ein Großteil offensichtlich nicht mehr gewillt, sich stärker zu engagieren – und
das ist eigentlich auch nicht erstaunlich in Zeiten, wo quasi alle Ängste durch die Krieg-Angst überlagert wird!
Zum Abschluss gab es noch eine Verabredung
Die Aktivisten wollen sich erneut in Tihange wiedersehen, nämlich dann, wenn Tihange-3 abgeschaltet wird, also im Dezember in 2035 (?). Dazu werden sie die allerLETZTE Flasche Sekt der o.g. Spezialmarke „Fissure …“ von 2016 (link) aufheben und dann mitbringen in der Hoffnung, dass deren Flascheninhalt dann nicht genauso „über den Punkt“ ist wie das AKW T-3.
Anmerkungen
Auch das Grenz-Echo (belgische Presse) meldet das Ende von Tihange-1:
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