Widerspruch zum Export für Brennelemente von Deutschland nach Belgien
20. April 2020 | Veröffentlicht von Walter Schumacher, Keine KommentareUmweltgruppen machen Ernst – aber der Widerspruch kostet!
Stellvertretend für ein Bündnis aus Anti-Atom-Initiativen und -Organisationen haben mehrere Personen Widerspruch gegen die Exportgenehmigung für Brennelemente von der Atomfabrik in Lingen/Emsland zu den belgischen Atomreaktoren Doel 1 und 2 eingelegt. Ziel ist es, diese und weitere Brennstoff-Exporte an grenznahe Atomkraftwerke zu verhindern.
AKW-Doel ist illegal
Sowohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) als auch das belgische Verfassungsgericht hatten den Betrieb der beiden Uralt-Reaktoren in Doel für grundsätzlich illegal erklärt. Die deutsche Export-Genehmigung wurde Mitte März vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) trotzdem erteilt – mit Zustimmung des Bundesumweltministeriums.
Bereits im Juli 2019 hatte der EuGH die getroffene Laufzeitverlängerung von Doel 1 und Doel 2 wegen der fehlenden länderübergreifenden Umweltverträglichkeitsprüfung als nicht rechtens beurteilt. Anfang März bestätigte das belgische Verfassungsgericht in seinem Urteil einerseits, dass der Weiterbetrieb der beiden 45 Jahre alten Reaktoren unrechtmäßig ist – andererseits dürften sie aber bis Ende 2022 wegen befürchteter Versorgungsengpässe weiterlaufen.
Hilde Debey vom Aachener Aktionsbündnis gegen Atomenergie kann diesen Vorgang nicht nachvollziehen. „Da der Betrieb von Doel 1 und 2 per Gerichtsbeschluss illegal ist, müssten die Meiler doch sofort abgeschaltet werden. Zur Versorgungssicherheit können sie nicht beitragen. Dafür sind sie mit einer Ausfallrate von etwa 50 Prozent viel zu unzuverlässig.“
Trotzdem Exporterlaubnis für die Kernbrennstäbe!
Trotz der beiden Gerichtsurteile erteilte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zusammen mit dem weisungsbefugten Bundesumweltministerium im März dieses Jahres erneut die Ausfuhrgenehmigung für Brennelemente, die zum Weiterbetrieb genau dieser illegalen Reaktoren unbedingt nötig sind. „Damit ist Ministerin Schulze für die Verlängerung des steigenden Risikos aus Doel maßgeblich verantwortlich – genauso wie die Lingener Brennelementefabrik, deren Schließung wir seit Jahren fordern,“ betont Alexander Vent vom Bündnis AgiEL aus Lingen. „Bei einem Super-GAU in Belgien wären wegen der Windhauptrichtung West Regionen wie Nordrhein-Westfalen und Teile von Niedersachsen betroffen – auch Lingen.“
Widerspruch eingelegt
Sechs Privatpersonen aus Aachen, Lingen, Raum Bonn und dem Münsterland haben nun (stellvertretend) Widerspruch gegen die Exportgenehmigung eingelegt. Sie erwirken dadurch einen Aufschub der Lieferungen bis zur juristischen Klärung. Sie werden dabei politisch von Anti-Atomkraft-Gruppen aus NRW und Niedersachsen sowie von Umweltorganisationen unterstützt.
Die Beschwerdeführenden werden weitere juristische Schritte gehen, falls das Bundesumweltministerium dem Widerspruch nicht stattgibt.
Für das grenzübergreifenden Bündnis Stop Tihange ist klar, dass solche juristischen Maßnahmen viel Geld kosten können. Aber die AKW-GegnerInnen werden die Kraft dafür haben, weil es sicher viele Menschen gibt, die den Kampf mit vielen – auch kleinen – Spenden unterstützen werden!
Juristische Begründung
Im Namen der Beschwerdeführer begründet das die Berliner Rechtsanwältin Frau Dr. Ziehm: “Das Atomgesetz bezweckt, Leben, Gesundheit und Sachgüter umfassend vor den Gefahren der Kernenergie zu schützen. Die Kriterien, nach denen der Export von nuklearen Brennstoffen ins Ausland genehmigt werden darf, sind deshalb genau festgelegt. Es muss nachweislich gewährleistet sein, dass die genannten Schutzgüter durch die beabsichtigte Verwendung des „Exportguts“ nicht gefährdet werden. Dieser Nachweis kann für die alten Reaktoren des Atomkraftwerks Doel nicht erbracht werden. Zum einen ergibt sich das aus der Auffassung des BMU als für die nukleare Sicherheit zuständiger oberster Behörde; zum anderen ist sogar höchstrichterlich die Rechtswidrigkeit des Betriebs von Doel 1 und 2 gerade wegen fehlender Prüfung der möglichen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt festgestellt worden. Die Ausfuhrgenehmigung nach Doel hätte nicht erteilt werden dürfen.”
Weiterführende Links:
http://www.stop-tihange.org/de/wp-content/uploads/sites/2/Widerspruch_BAFA_Ausfuhrgenehmigung.pdf
Liste der Ausfuhrgenehmigungen:
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/ausfuhrgenehmigungen_brennelemente_bf.pdf
World Nuclear Industry Report 2019 (S. 52 – 58):
https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/wnisr2019-v2-hr.pdf
Rechtsgutachten zum Exportstopp von Brennelementen (2016):
https://www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Atomenergie/Exportstopp_Brennelemente_Lingen.pdf
Die Kommentarfunktion für ältere Artikel ist geschlossen.
Bitte bleibe mit Deinen Kommentaren sachlich und respektvoll.
Kommentarregeln:
An jedem Artikelende gibt es eine Kommentarfunktion. Diese ist für 6 Tage nach Erscheinungsdatum freigeschaltet, danach ist die Kommentarmöglichkeit geschlossen.
Richtlinien für die Kommentare:
(maximal ca. 2500 Zeichen)