Stoppen Gerichte bald das AKW Tihange??
29. Februar 2016 | Veröffentlicht von Mike Rabald (AAA) / ws, Ein KommentarJuristischer Abschalt-Kampf um das AKW Tihange 2
Mittlerweile geht es in den End-Kampf um die Schließung von Tihange 2′, das Bröckel-AKW keine 65 km von Aachen entfernt. Die kraz hatte x-mal über das politische Ringen berichtet (zum aktuellsten Skandal siehe hier). Im dem heutigen Artikel geht es um das besondere Gebiet „Juristische Auseinandersetzungen“: Aktuell gibt es 3 juristische Prozesse bzw. Verfahren zu Tihange. Zusätzlich gibt es seitens der EU Kommission eine Klärungsanfrage an Belgien.
Da sind:
- eine einstweilige Anordnung zur Stilllegung von Tihange 2′ (Kläger Nucleair-Stop/Belgien)
- die „Etschenberg-Klage“ zur Aushändigung/Offenlegung von Genehmigungs-Unterlagen von Tihange 2, ohne die ein Betrieb von Tihange 2 als unzulässig erklärt wird. (Kläger Städteregion Aachen)
- ein Prozess gegen die Laufzeitverlängerung von Tihange-1, Doel-1 und Doel-2 (Kläger ist Greenpeace-Belgien)
- Die Anfrage der EU-Kommission beschreiben wir am Schluss dieses Artikels.
„Einstweilige Anordnung“ zur sofortigen Stilllegung
Aus Sicht des Aktionsbündnisses gegen Atomenergie Aachen ist die einstweilige Anordnung zur Stilllegung von Tihange 2 (Kläger ist die belgische Anti-Atom-Gruppe ‚Nucleaire-Stop‘) das wichtigste Verfahren. Sollte DIESES Verfahren erfolgreich enden, so würde schon mit der Urteilsverkündigung der ERSTEN Instanz ein UMGEHENDES Abschalten von Tihange 2 (und D3) erzwungen werden.
Das Urteil wird spätestens zwischen dem 8. und 15.März in Brüssel verkündet – und die kraz wird sehr schnell darüber berichten. Das auch deshalb, weil spätestens am Folgetag “unser“ Risse-AKW abgeschaltet sein müsste! – Anlass für eine kleine (große?) Party mit Sekt am Elisenbrunnen oder Markt ????
Details zu dieser „Einstweiligen Anordnung“
Nucleaire Stop hat hier den schnellst möglichen juristischen Weg zur sofortigen Abschaltung genommen. Denn in diesem Gerichtsverfahren ist eine einzige Richterin für die Entscheidung zuständig. Die beiden Anwälte von Nucleaire Stop haben ein 2 ½ Stunden dauerndes Pädoyer, der Anwalt von Electrabel ein 1,5 h dauerndes vor diesem Gericht abgegeben. ZDF, RTL, Belga und verschiedene Zeitungen haben direkt aus dem Gerichtsgebäude in Brüssel berichtet.
Die Richterin wird ihre Entscheidung spätestens am 8.3.16 verkünden. Entscheidet sie die Abschaltung als „einstweilige Verfügung“, muss der oder die Reaktoren vom Netz.
Electrabel hat dann die Möglichkeit per neuem Gerichtsverfahren diese Verfügung wieder aufzuheben. Da dies zu erheblichen Regressforderungen von Electrabel an Nucleaire Stop führen würde, müsste dieser Verein (Kläger) dann geschlossen werden; dadurch ginge dann die Forderung von Electrabel ins Leere.
Die „Etschenberg-Klage“
Das andere juristische Verfahren, die „Etschenberg-Klage“ hat einen enormen politischen Staub in Aachen und bundesweit aufgewirbelt. Sie ist einerseits ein Paukenschlag im Kampf gegen Tihange gewesen, andererseits aber auch Ausdruck eines Machtkampfes zwischen zwei hohen Amtsträgern, dem OB von Aachen und dem Direktor der Städteregion Aachen. Beide sind CDU und beide ringen um die Einflusssphären/Kompetenzbereiche ihrer sich überschneidenden Zuständigkeitsbereiche.
Die Etschenberg-Klage will die Aushändigung/Offenlegung von Genehmigungs-Unterlagen von Tihange 2 erzwingen, ohne die ein Betrieb von Tihange 2 als unzulässig erklärt wird. (Kläger ist die Städteregion Aachen und es gibt Mitläufer, wie Stadt AC, NRW-Land, einige andere denken immer noch darüber nach ob sie sich auch dieser – schon laufenden – Klage anschließen sollen. Wie peinlich einer kommunalen (CDU-dominierten!) Klage nachzulaufen zu müssen für die GRÜNEN-NRW, die SPD-NRW, die FDP-NRW (und wer sonst noch auf einem Stuhl im Landtag sitzt).
Die Klage selber ist sicher ein sinnvolles Unterfangen. Sie wird aber längere (??) Zeit andauern und sicher keinerlei unmittelbare Probleme für Electrabel erzeugen. Sie wird auch nicht zur kurzfristigen Abschaltung von T2 oder D3 führen. Vielmehr werden die Prüfungen erneut aufgenommen, es wird viel geredet, geschrieben und viele vieleTV-Interviews gemacht werden. Diese öffentlichen Auftritte nutzen Politiker für ihre Zwecke sich zu präsentieren, aber das alles führt auch dazu, dass der Druck des Widerstandes nachlassen wird.
Insofern ist dieses (politisch) juristische Verfahren prinzipiell zwar sinnvoll, wird aber den realen Kampf vor Ort eher abschwächen statt ihn zu befördern! Und die Politik hat dadurch den Anschein gewahrt (bzw. wieder aufgebaut), sie würde „echt was machen“ und dort (bei den Politikern) würde das eigentliche wichtige Spiel gespielt – und nicht bei der „kleinen-Bewegung-von-unten“.
Peinlich: Die GRÜNEN hecheln der CDU hinterher
Das AAA war beim „4. Atompolitischer Ratschlag“ der Grünen im Landtag NRW und hatte dort um Beschlüsse für konkrete Handlungen gebeten. Beim kommenden „5.Atompolitischer Ratschlag“ am 10.3.16 soll dann berichtet werden, was die Bemühungen tatsächlich gebracht haben.
Nichts konkretes kam bisher raus. Auch der Vorschlag des AAA für ein Gutachten über die finanziellen Konsequenzen, die durch einen schweren Unfall in Tihange oder Doel für uns alle in der Region entstehen würden, fand kein Interesse. Ebsnso die AAA-Hinweis auf illegale Staatshilfen der belgischen Regierung für Electrabel. Sogar die entsprechenden schriftlichen Anfragen des AAA hierzu bleiben unbeantwortet.
Klage gegen Laufzeitverlängerung von Tihange-1, Doel-1 und Doel-2
Der Greenpeace-Belgien-Prozess gegen die Laufzeitverlängerung von Tihange-1, Doel-1 und Doel-2 und wendet sich nicht direkt gegen „unsere“ Bröckel-Reaktoren Tihange 2 und Doel-3. Es geht dorterst mal nur gegen die Laufzeitverlängerung der Alt-Anlagen. Aber das ist wohl noch ein langer Weg.
Die (kritische) Anfrage seitens der EU-Kommission
Es gibt eine 18 Fragen enthaltene Anfrage der EU-Kommission an die belgische Regierung zu Steuergeschenken sowie weiteren Wettbewerbsvorteilen des AKW Betreibers Electrabel gegenüber anderen europäischen Stromerzeugern und weiteren (illegalen)Vergünstigungen durch die belgische Föderalregierung für Electrabel. Ferner überprüft die EU Kommission zur Zeit, ob die Verlängerung der AKW Laufzeiten als illegale Staatshilfe angesehen wird. Die belgische Regierung muss bis zum 8.3.16 antworten.
Diese Anfrage könnte sich für Electrabel noch zu einem großen politischen Problem entwickeln. Aber es ist z. Zt. schwer, hier Prognosen zu machen.
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