Sinneswandel in Friedensorganisationen ?

27. August 2025 | Veröffentlicht von , 4 Kommentare

Gibt es Hoffnung auf bessere Zusammenarbeit?

Aktuell wird die Kriegswilligkeit in Deutschland gnadenlos angeheizt – leider mit großer Wirkung auf die Mehrheitsbevölkerung.
Um dagegen zu halten wäre stattdessen eine starke, einheitliche Friedens- und Anti-Kriegsbewegung in der BRD notwendig.
Leider ist die Wirklichkeit bisher anders: als kraz haben wir schon mehrfach von den erhebliche Differenzen berichtet, die zwischen unterschiedlichen Fraktionen der Friedens/Anti-Kriegsbewegung existieren, bundesweit aber auch in Aachen.

Und da kommt heute ein Bericht in „Russia Today“ (RTDE), der ein deutlich optimistischeres Bild zeichnet!

Vielleicht gibt es doch Hoffnung …

Zur Zeit stehen wichtige Aktionen/Demonstrationen an (1. September-Antikriegstag / 13. September ‚Bundesweite Demo in Berlin‘ / 3. Oktober ‚Bundesweite Demos in Berlin & Stuttgart‘ / 3. Oktober ‚Deutschland neutral machen‘ in Köln), und da wäre es wünschenswert, wenn gemeinsam gehandelt würde.
Wir hoffen sehr, dass die Einschätzung von RTDE stimmt und dokumentieren deshalb deren RTDE-Text vollständig im Wortlaut. Ein ‚link‘ alleine wird nicht reichen, weil bisher alle links auf „RT“-Texte  kurz danach  von ‚unseren Diensten‘  gekappt werden.

— Dokumentation RTDE 27.8.2025 —

Sinneswandel in Friedensorganisationen:
Putin ist nicht mehr schuld – Dialog mit Russland erwünscht

Neue Töne in der traditionellen und der linken Friedensbewegung: Dass Russland der alleinige Aggressor sei, wird nun von den Aktivisten zurückgewiesen. Für Samstag ist der ehemalige Oberbürgermeister Wolgograds eingeladen, ein Grußwort an die Kölner Friedensdemo zu richten.

Von Felicitas Rabe

Seit 2022 hatte die traditionelle deutsche Friedensbewegung sich der Auffassung der Bundesregierung angeschlossen: Russland führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, Wladimir Putin ist der Aggressor, und er ist der alleinige Schuldige am Krieg zwischen Russland und der Ukraine. So hieß es zum Beispiel in einem Aufruf zu Antikriegsprotesten der traditionellen Friedensinitiativen aus dem Jahr 2024, sämtliche beteiligte Friedensinitiativen verurteilten den russischen Angriffskrieg:

Die DFG-VK (Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsgegner) schrieb seinerzeit: „Die mehr als zehn aufrufenden Gruppen – darunter etwa die Kriegsdienstverweigerer-Organisation DFG-VK, die Ärztevereinigung IPPNW und die christliche Friedensgruppe Pax Christi – verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine.“

Am Samstag soll in Köln anlässlich des Antikriegstages wieder mal eine große Friedensdemonstration stattfinden. Initiiert vom Friedensforum Köln, rufen auch die älteste deutsche Friedensgesellschaft DFG-VK und das Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen“ dazu auf.

Aber offensichtlich hat plötzlich ein ganz erstaunlicher Sinneswandel in der deutschen Friedensgesellschaft und auch in der linken antimilitaristischen Friedensbewegung stattgefunden: War die traditionelle Friedensbewegung bislang anscheinend fest davon überzeugt, dass Russland ein böser Aggressor ist, der nach der Ukraine noch weitere europäische Länder überfallen würde, findet man in den jüngsten Aufrufen ganz andere Töne. So heißt es im Aufruf der DFG-VK vom 17. August für die Demo in Köln, viele Staaten hätten eine „angebliche“ russische Bedrohung dazu genutzt, massiv aufzurüsten und Kriege vorzubereiten. Die Friedensgesellschaft schreibt (wiedergegeben jeweils wie im Original):

„Mit der Begründung einer angeblichen Bedrohung durch Russland, haben viele Staaten, darunter Deutschland, massive zusätzliche Ausgaben für Waffen, militärische Infrastruktur und Maßnahmen zur Kriegsvorbereitung in allen gesellschaftlichen Bereichen (Wirtschaft, Bildung, Gesundheitswesen u. v. m.) eingeleitet.“

Dann wird die deutsche Regierung offen kritisiert: Die Bundesregierung behaupte, diplomatische Verhandlungen zur Wahrung des Friedens seien nicht möglich. Deshalb brauche man immer weitere Abschreckung, Verteidigung und Waffenlieferungen. Als Nächstes werden quasi BRD und NATO für das kontinuierliche Sterben in der Ukraine mitverantwortlich gemacht: „Wie sollen die Hochrüstung der BRD und der NATO, die Lieferung immer schwererer Waffen an die Ukraine und die angekündigte Stationierung von Mittelstreckenraketen in Deutschland die Spirale der Eskalation durchbrechen und das Töten und Sterben in der Ukraine beenden?“

Möglicherweise sei es gar nicht – wie bislang postuliert – der russische Präsident, der die ganze Welt gefährde, sondern ganz andere Akteure. So fragt sich die DFG-VK im Demo-Aufruf: „Ist es tatsächlich der postulierte Eroberungsdrang Wladimir Putins, der Deutschland, Europa und die ganze Welt gefährdet, oder liegt die Bedrohung nicht vielmehr in der Aufrüstungsspirale und damit einhergehenden Provokationen auf allen Seiten?“

Auf einmal kritisiert die Friedensgesellschaft das Narrativ, an dem sie jahrelang selbst mitgestrickt hat. Noch vor einem Jahr beendete die Brandenburger DFG-VK-Sektion ihren Aufruf „Pazifismus statt Putin-Propaganda“ mit folgender Schuldzuweisung an Russland: „Die Kriegsursache sitzt in Moskau.“

Vor dem großen antimilitaristischen Camp in Köln stellt auch das linke antimilitaristische Bündnis „Rheinmetall Entwaffnen“ explizit fest, dass Russland bislang einseitig die Schuld für den Krieg in der Ukraine in die Schuhe geschoben wurde. In seinem Aufruf zur Friedensdemo heißt es: „Fast alle Instrumente und Verträge der Rüstungskontrolle sind ausgelaufen oder wurden außer Kraft gesetzt – und das nicht nur, wie oft einseitig behauptet von Russland, sondern auch von den NATO-Staaten.“ Des Weiteren stellt das Bündnis fest, mit Deutschland verbündete Akteure und Staaten führten mit deutschen Waffen Krieg gegen die Zivilbevölkerung anderer Länder.

Das sei nicht hinnehmbar: „Wir stellen uns gegen die militärische Doppelmoral, die einhergeht mit Waffenlieferungen in eskalierende Kriege und Konflikte, an Verbündete Akteure und Staaten, die mit deutschem Kriegsgerät vernichtende Kriegsführung gegen Zivilbevölkerungen durchführen. Unser antimilitaristischer Widerstand, unser Eintreten für den Frieden beginnt mit der Verweigerung, uns in diese Logik von Angst, Gewalt und Militarismus hineinziehen zu lassen.“

Der Staat müsse sich darauf einstellen, dass die Menschen sich nicht dazu bewegen ließen, gegen Menschen aus Nachbarländern zu schießen, nur weil die Regierung behaupte, dass dies unsere Feinde seien. „Rheinmetall Entwaffnen“ erklärte: „Wir werden nicht auf die Menschen aus anderen Ländern schießen, die unsere Nachbarn, Kollegen, Geschwister und Freunde sein könnten, weil uns die Regierung im eigenen Land erzählt, dass sie unsere Feinde wären.“

Schließlich bezichtigen die linken Friedensaktivisten die deutsche Regierung, sie unterstütze aus Staatsräson in Palästina einen Genozid mit Waffenlieferungen. Ihre uneingeschränkte Solidarität gelte daher den Palästinensern: „In Zeiten genozidaler Kriegsführung kann es keinen anderen Platz als an der Seite der Palästinenser und für das Recht auf Leben geben.“

Bevor die „Große Friedensparade“ am Samstag von der Kölner Innenstadt vor die Konrad-Adenauer-Kaserne zum Rekrutierungscenter der Bundeswehr zieht, wird es eine Zwischenkundgebung auf dem Kölner Chlodwigplatz geben. Man mag kaum glauben, welcher Redebeitrag dort neben anderen angekündigt ist: Der ehemalige Wolgograder Oberbürgermeister Juri Starowatitsch wurde dazu eingeladen, ein Grußwort an die Demonstranten zu richten. Starowatitsch hatte noch zu Sowjetzeiten, im Jahr 1988, die Städtepartnerschaft zwischen Köln und der heute russischen Stadt Wolgograd gegründet, die bis 1961 Stalingrad hieß.

Aktuell ist der ehemalige russische Oberbürgermeister Vorsitzender der Wolgograder Abteilung der Friedensstiftung. Nachdem die deutsch-russische Städtepartnerschaft seit 2022 „offiziell auf Eis gelegt“ wurde, ist das Grußwort eines russischen Amtsträgers auf der Kölner Demonstration etwas Beachtenswertes – zumal sich am Demonstrationsbündnis auch einige linke Kreise beteiligen, die mit offiziellen Amtsträgern jeglicher Couleur gar nichts am Hut haben. Für Dialog und Frieden sind sie womöglich über ihren Schatten gesprungen. Was bleibt, ist die Frage, wie es in weiten Teilen der traditionellen und der linken Friedensbewegung zu diesem plötzlichen Sinneswandel gekommen ist.

Leser haben 4 Kommentare hinterlassen.

  • KBW hat kommentiert am

    Die RT-Autorin beweist eine gewisse Naivität, wenn sie hinsichtlich des Bündnisses „Rheinmetall entwaffnen“ „linke Kreise“ ausmacht, die „die mit offiziellen Amtsträgern jeglicher Couleur gar nichts am Hut haben“. – Die Gruppe „Interventionistische Linke“ (IL), die ideologisch und organisatorisch wohl das größte Gewicht in diesem Bündnis aufbringt, hat sich in den letzten Jahrzehnten als ein außerparlamentarisches Spielbein der „Linkspartei“ betätigt.

    Als „postautonome“ Gliederung agiert sie in Konkurrenz zu den „antideutschen“ Kreisen, die mit Ines Schwerdtner erfolgreich eine Protagonistin installiert haben und eine Sozialdemokratisierung der Partei vorantreiben, was perspektivisch eine stärkere gewerkschaftliche Orientierung und eine Schwächung der „bewegungsorientierten“ Tendenzen bedeutete.

    Was den Fang von Wählerstimmen begünstigte (das „Anwanzen“ an die SPD), ist der Kanalisierung einer politisch diffusen Protestbewegung eher abträglich. Insofern lässt sich die Initiative des IL-Bündnisses im Zusammenhang einer taktischen Verlagerung der PdL-Propaganda vom gewerkschaftsorientierten („GO“)Spielbein auf das bewegungsorientierte („BO“)Spielbein interpretieren.

    Wenn auch („antideutsche“) Pro-Nato-Fraktionen und („postautonome“) Anti-Nato-Gruppen innerhalb der Parteistrukturen konkurrieren, ist die Bedingung dafür, dass sie es überhaupt können, eine gemeinsame ideologische Grundlage. Ohne positiv bezeichnen zu wollen, welche das ist, da es zu lang würde, weisen wir die bedeutsame Beschränkung der Kritik am Krieg auf Themen wie „Militarisierung“ und „Sozialabbau“, also auf die „Evergreens“ der Postautonomen hin, die das Bündnis „Rheinmetall…“ in seine Erklärungen vornimmt – keine Spur von Imperialismuskritik und damit auch keine am Kapitalismus auf der Höhe der Zeit.

    Anders die RT-Autorin S.Bonath. Grobschlächtig aber effektiv. Ihr jüngst auf RT veröffentlichter Artikel gespiegelt im Weltexpress, dessen Herausgeber S. Pribnow Mitte der 90ger in einem Faustkampf allein gegen einige Schläger der Gruppe Fels (heute Interventionistische Linke) den Kürzeren zog, was neben einigen Blessuren auch eine bedauerliche Rechtsabweichung mit sich brachte.

    Kein Grund für das Kommunistische Büro den Weltexpress politisch zu unterstützen, aber gewiss auch keiner, Hoffnung in einen Dialog mit der Schlägertruppe „Interventionistische Linke“ zu setzen…

    https://weltexpress.info/kapitalflucht-als-krisenreaktion-warum-das-den-deutschen-imperialismus-nicht-unbedingt-schwaecht/

  • KBW hat kommentiert am

    Korrektur:

    An einer Textstelle im obigen Kommentar steht: „gewerkschaftsorientiertes Spielbein“; korrekt ist stattdessen „Standbein“.

    Respektive „Schmetterlinge des Sozialismus“ „Weltexpress/Kalschnikow“ als Ergänzung:

    – kritisch:

    https://www.youtube.com/watch?v=Mr-eoegP-Pc

    – apologetisch:

    https://www.youtube.com/watch?v=uaZ9mox3NpY&list=RDuaZ9mox3NpY&start_radio=1

    …will meinen: für die revolutionäre Aufhebung der Dialektik.

  • KBW hat kommentiert am

    PS: Einen Einblick in die „postautonome“ Debatte zu den Themen Ukraine, Kriegsgegnerschaft, Internationalismus bietet der Blog „Communaut“. Wer nach der Lektüre verwirrter ist als vorher, sollte sich nicht wundern: das liegt an der Debatte.

    Mithin stellt sich bei den Freund*innen der Klassenlosen Gesellschaft (FdKG), die sich neben ihrer Hauptpublikation „Kosmoprolet“ mit dem Communaut-blog eine Art journalistische Resterampe geschaffen haben, ohnehin die Frage, was ehemalige maoistische Antifas, Jungle-World-Autoren und Ex-FAUler motiviert haben mag, sich mit mit der Tradition des italienischen Operaismus zu befassen. Eines der linken Mysterien der Nuller. Der Name „Kosmoprolet“ ist natürlich auch geklaut. Das Kommunistische Büro erwägt eine Umbenennung in Kosmoproletarische Assoziation; der Einfall war eigentlich zu gut, um ihn den „falschen Freund*innen“ zu überlassen…

    Auf dem Friedenscamp sind die im proletarischen Milieu auch als die „Klassenlosen“ bekannten FdGK übrigens mit einer Buchvorstellung vertreten.

    link „Communaut“:

    https://communaut.org/de/wie-ich-ein-verraeter-wurde

    und https://communaut.org/de/termine

    link „Kosmoprolet“:

    https://kosmoprolet.org/de/start

    PS: Ein Dialog mit den „Klassenlosen“, die mit dem Anspruch auftraten, eine „linke Sammlungsbewegung“ zu sein, würde nebenbei vermutlich scheitern. Die Party-Doktrinen des FdGK-Fachideologen F. lauteten eindeutig:

    „Die Friedensbewegung kommt mir nicht ins Haus!“

    und sehr schön:

    „Einer muss ja den Noske machen!“

    (Einnerung an selige Zeiten…)

  • KBW hat kommentiert am

    …und zum Ende des Kampagnenauftakts „Rheinmetall entwaffnen“ erreichen uns Meldungen über einen vergleichsweise brutalen Polizeieinsatz gegen die Abschlussdemo der Kampagne „Rheinmetall entwaffnen“ (und DFF) in Köln. – Die Zahl der verletzten Demonstrant_innen scheint beträchtlich.

    Die Demo wurde offenbar nach allen Regeln der Kunst gegen den Knüppel laufen gelassen.

    Welches werden die Folgen sein? – Am Schlimmsten trifft die Repression die Basisarbeit. Die Traumatisierungen wirken sich tückisch gerade in unerfahrenen Freundschaftszusammenhängen aus.

    Werden Demo-Sanis und bereitstehende Antirepressionsgruppen die gewaltsame Unterbrechung eines Aufbauprozesses, an dessen Ende vielleicht solidarische politische Kollektive („Bezugsgruppen“ und so) stehen könnten, mit Erster Hilfe und „bewährter“ sozialpädagogischer Fürsorge kompensieren können?

    War es strategisch richtig, die postautonome Reserve für die NRW-Kommunalwahlen aufs Spiel zu setzen?

    Wir sind gespannt auf die Fortsetzung und natürlich auf die Ergebnisse der Kommunalwahlen.

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