Kriegskredite 2.0 mit Hilfe der Linkspartei durchgewunken

22. März 2025 | Veröffentlicht von , 3 Kommentare

Dazu auch ein Interview mit Andrej Hunko, BSW

Am Freitag gab es den letzten Schritt bei der Zustimmung zu den neuen Kriegskrediten 2.0 im Bundesrat. Drei Tage zuvor war im Bundestag der erste Schritt in die Richtung abgesegnet worden, aber im Bundesrat kam das Finale durch die entsprechende Zustimmung der Bundesländer.
Wir erläutern nochmal den politischen Ablauf und führen dann dazu ein Interview mit dem Aachener Noch-MdB Andrej Hunko (BSW).

Offensichtlich ist im Bewusstsein der friedensorientierten Öffentlichkeit bisher nicht klar angekommen, dass diese Zustimmung NUR möglich geworden ist, weil Linkspartei (PDL) und ‚Freie Wähler‘ umgefallen sind.

Wie konnte dieses Trauerspiel komponiert worden?

Die kraz hatte schon in dem Bericht zur Demonstration „Nein zu den Kriegskrediten 2.0“ vom letzten Samstag beschrieben, mittels welcher Tricksereien die Führung der Linkspartei die Zustimmung zugelassen hat, obwohl es ihr durchaus möglich gewesen wäre, diese zu verhindern. (Wir verlagern diese Erläuterung deshalb in die Anmerkungen [1])

Zusätzlich zu dem dort geschriebenen ist anzumerken, dass die Linkspartei – obwohl sie die Zulassung bewußt ermöglicht hat – im Bundestag FORMAL GEGEN die Kriegskredite gestimmt hat! Genau betrachtet ist das wirklich eine absolut verlogene Art und Weise eine Zustimmung zu geben und gleichzeitig so zu tun, als ob man nicht zustimmen würde.

Der letzte Schritt in diesem Trauerspiel war jetzt die Zustimmung im Bundesrat, wo die Bundesländer, an denen auch die Linkspartei in der Regierung sitzt, die Zustimmung ermöglicht haben. Landesregierungen mit FDP- und BSW-Regierungsbeteiligungen haben nicht zugestimmt, diejenigen mit Linkspartei- und FW-Beteiligung allerdings sehr wohl! Hätten sich alle Parteien, die sich (formal) gegen das Schulden- und Aufrüstungspaket ausgesprochen hatten, entsprechend im Bundesrat verhalten, wäre das Paket dort gescheitert!
Um diese Zustimmung zu rechtfertigen werden jetzt viele Nebelkerzen gezündet.

— Das Interview mit Andrej Hunko —

Das NEIN macht Schule

Wir haben deshalb Kontakt mit dem langjährigen Aachener MdB Andrej Hunko (BSW) aufgenommen um ihn zu fragen, wie er die aktuelle Verhaltensweise der Linkspartei interpretiert.

kraz: Du warst viele Jahre Mitglied der Linkspartei, auch sieben Jahre im Parteivorstand. Wundert dich in Kenntnis deren interner Strukturen dieses wirklich perfide Verhalten der Linkspartei?

Hunko:
Nein. Die Zustimmung im Bundesrat hatte sich ja in den letzten Tagen schon angedeutet. So hatte die Gruppe im Bundestag schon bei der ersten sowie der 2./3. Lesung gegen die Absetzung des Tagesordnungspunkts gestimmt und darauf verzichtet, die Konstituierung des Neuen Bundestages vor der Schlussabstimmung zu beantragen. Für die Absetzung waren ausschließlich AFD und BSW.

Außerdem hatten die meisten Abgeordneten der PDL gegen unseren Antrag ‚Nein zur Kriegstüchtigkeit – Ja zu Diplomatie und Abrüstung‘ gestimmt. Begründung: Dort würde der Krieg in der Ukraine als ‚Stellvertreterkrieg‘ bezeichnet; eine Einschätzung, die ja auch in großen Teilen der Welt außerhalb von NATO/EU so gesehen wird. Aber das widerspricht dem hierzulande herrschenden Narrativ.

Diese Übernahme herrschender Narrative in Schlüsselauseinandersetzungen beobachte in in der Partei schon seit vielen Jahren. Man möchte der hiesigen Propaganda nicht grundlegend widersprechen, sondern versteht sich als sozialeres oder etwas friedlicheres Korrektiv des hegemonialen Blocks. In der Coronazeit wurde das besonders deutlich.

kraz: Wie erklärst du dir diese sehr spezielle Verhaltensweise der Linkspartei einerseits immer nach Links zu blinken (nämlich bei Abstimmung so zu tun als ob man gegen solche Kriegskredite ist), sich aber faktisch exakt so zu verhalten, dass die Kriegskredite ermöglicht werden?

Hunko:
Naja, die Linkspartei ist im Wahlkampf mit der Parole aufgetreten ‚Frieden kostet Mut – Krieg kostet Leben‘. Deshalb das Getöse bei den Reden im Bundestag, wo es auf die Stimmen der Linken nicht ankam. Einem Teil der Basis versucht man sich noch als Friedenspartei darzustellen. Allerdings wird diese Basis zunehmend ausgewechselt, ähnlich wie diejenige der Grünen ab dem 90er Jahren.

kraz: Das zentrale Argument der Linkspartei sich so ’speziell‘ verhalten zu haben war das „Brandmauer-Argument“. Es lautet, dass man vermeiden wolle, jemals irgendwas gemeinsam mit der AFD abzustimmen/zu beschließen.
Unterstellen wir mal, dass das dabei verwendete Argument dass die AFD faschistisch sei stimmt, ist es dann richtig, alleine deshalb jedwede Forderung der AFD also auch die ‚gegen diese Kriegskredite zu sein‘ nicht zu unterstützen?

Hunko:
Das Brandmauer-Argument ist eine neue Herrschaftsform. Man definiert unerwünschte Inhalte einfach als rechts und baut mit der Brandmauer einen Tabu-Bereich um diese Inhalte. So geschehen in der Corona-Zeit, so jetzt auch in der Friedensfrage. Stattdessen sollte man streng die Inhalte anschauen, egal wer da noch zustimmt. Gleichzeitig sollte man sich keine Illusionen machen, ob die AFD eine Friedenspartei sei. Deren führende Vertreter wollen ja noch mehr Aufrüstung und sogar eine deutsche Atombombe.

kraz: Du warst innerhalb der Friedensbewegung der BRD bekannt als ein Mann, der sich ganz klar gegen jede Kriegstreiberei und gegen jede Kriegsströmung ausgesprochen hat. Wie willst du jetzt die aktuelle Kriegswilligkeit bekämpfen? Hast du da schon Ideen wo du dich engagieren kannst.

Hunko:
Ein Punkt für mich ist schon, das BSW zu etablieren, wie sind ja nach den offiziellen Ergebnissen nur äußerst knapp an der 5%-Hürde gescheitert. Vieles deutet darauf hin, dass wir real mehr als 5% haben, da es sehr viele Unregelmäßigkeiten gab, fast immer zu Lasten des BSW. Davon ist nur ein Teil korrigiert worden, deshalb wollen wir eine Neuauszählung.

Desweiteren sind natürlich die außerparlamentarischen Anti-Kriegs-Aktivitäten wichtig, ich denke etwa an die Ostermärsche, an den Karlspreis an Ursula von der Leyen oder an den NATO-Gipfel im Juni in Den Haag. Ich werde mich da einbringen.

kraz: Nachdem wir jetzt diese neue Situation haben, wo das BSW knapp gescheitert ist, die Linkspartei aber sehr erfolgreich in den Bundestag reingekommen ist und sich dann faktisch auf die Seite der Kriegstreiber gesetzt hat: was schlägst vor, was links-denkenden Menschen tun können und mit wem sie im parlamentarischen Raum jetzt überhaupt noch zusammenarbeiten können?

Hunko:
Das BSW ist ja im EU-Parlament und drei Landesparlamenten vertreten, davon in zwei Landesregierungen. Wir werden noch abwarten müssen, wie die Wahlanfechtungen ausgehen und ob die Merz-Regierung wirklich hält. Darüber hinaus sollte man sich anschauen, welche Abgeordneten anderer Parteien im neuen Bundestag ein glaubwürdiges Anti-Kriegs-Anliegen haben.

kraz: Du hast aus der Zeit als MdB noch ein Büro hier in Aachen in der Südstraße. Willst du dieses Büro weiter halten oder was wird da geschehen?

Hunko:
Ich würde das Büro sehr gerne behalten, es ist ein wichtiger Treffpunkt für BSW-Unterstützer, aber auch für nahe stehende Gruppen. Ich brauche aber dafür meinerseits Unterstützung.

Anmerkung

[1] Zitat aus dem Bericht „Nein zu den Kriegs-Krediten 2.0 – Eine Demo gegen die Kriegs-Willigkeit“ vom 15.3.2025

Wie ein „kriegsfähig-werden“ mit Hilfe der Linkspartei geschehen könnte

    • Seit Freitag steht die Feststellung, dass das Wahlergebnis der Bundestagswahl gültig ist.
    • Deshalb kann ab dem Moment auch jede Partei aus dem zukünftigen Bundestag (BT) beantragen, dass der neue BT umgehend konstituiert wird und DAMIT der alte BT aufgelöst ist – und dieser also NICHT mehr die Kriegskredite bewilligen könnte.
    • Dieser Beschluss ist gültig, falls mehr als 1/3 der Stimmen des zukünftigen BT diesen Antrag stellen. Und dieses Drittel existiert ganz einfach in der Summe von Linkspartei und AfD. Die AfD hat schon ihren entsprechenden Antrag angekündigt.
    • Sollte die Linkspartei aber nicht ebenfalls die sofortigen Neu-Konstituierung des BT beantragen, dann ist sie verantwortlich dafür, dass dem alten BT erlaubt wird, doch noch die Grundgesetzänderung für die Zustimmung zu den Kriegskrediten zu geben.
    • Deshalb ist die Abstimmung am Montag der Lackmustest für die PDL, ob sie wirklich gegen Hochrüstung für den Krieg ist!

(Siehe hierzu auch die aktuelle Presseerklärung der DKP)

Leser haben 3 Kommentare hinterlassen.

  • Sandra Korrat hat kommentiert am

    Vielen Dank für euren Einsatz für den Frieden und gegen das Schuldenpaket.Ich stimme zu.
    Finde es schlimm wie es seit Corona mit Anstand, Rückrat und parlamentarischer Demokratie bergab geht. Meine Hoffnung lag auf den Linken. Sie hätten es ganz einfach verhindern können, Nun müssen sie (und wir alle) damit leben, dass sie den Krieg mit Milliarden von Steuergeldern auf Pump unterstützen. Ich könnte da nicht mehr in den Spiegel schauen.
    Die AfD ist aus meiner Sicht keine Gefahr für die Demokratie, aber die brandmauernden anderen Parteien sind es.

  • Thomas hat kommentiert am

    „Die AfD ist aus meiner Sicht keine Gefahr für die Demokratie,“

    Wenn der Dank und das Lob von AFD Sympatisanten kommt, hat man doch das beruhigende Gefühl alles richtig zu machen. Da wächst zusammen was zusammen gehört.

    Walter an der Stelle hättest Du wohl vor 40 Jahren noch gekotzt.

  • Sandra Korrat hat kommentiert am

    Ist nicht immer leicht andere Meinungen zu akzeptieren und sachlich zu bleiben. Vielleicht kannst Du anstatt zu kotzen mal erklären, warum die AfD aus Deiner Sicht eine Gefahr für die Demokratie ist?
    Ich sehe keinen.
    Was doch nicht bedeutet, dass ich deswegen mit allen Inhalten der AfD übereinstimme.
    Wer verstößt denn zunehmend gegen demokrstische Prinzipien?
    Die AfD ist es nicht.

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