Aachener Friedenspreis voll auf Mainstream-Leim

16. August 2023 | Veröffentlicht von Peter Blaszyk, 9 Kommentare

Die Verleihung des Aachener Friedenspreises wirft ihr Schatten voraus …

Seit 1988 wird am 1. September der Aachener Friedenspreis verliehen. Lange geschah das im Konsens, aber seit einigen Jahren sind Konflikte entstanden. Das führt auch in diesem Jahr dazu, dass der DGB seine traditionelle 1.September-Auftaktkundgebung am Elisenbrunnen mit der erstaunlichen Begründung „Mit Beginn des Ukraine-Kriegs zeichnete sich zudem ab, dass in der Friedensbewegung keine einheitliche Antwort mehr auf Krieg und Waffenlieferungen gegeben wurde. Für eine Kundgebung ist das schwierig…““ ausfallen lässt [1].
Stattdessen wird nun die „andere“ Antikriegsbewegung in diese Lücke springen und ab 18 Uhr Kundgebung & Demo organisieren!

Dieses Jahr gibt es einen weiteren inhaltlichen Konflikt wegen der Widersprüche zur diesjährigen Verleihung des Friedenspreises an die ‚Feminist Anti-War Resistance‘ (FAR).
Hierzu ein Bericht unseres Korrespondenten Peter Blaszyk.

Der AFP springt über seinen Schatten – lange befürchtet, nunmehr offen umgesetzt….

Der Unterschied zwischen zu befürwortendem gewaltfreien Widerstand – bis zur Sabotage – in einem besetzten oder fremdbeherrschten Land und Sabotage in einem kriegsführenden Land ist den AFP-Verantwortlichen vielleicht nicht ganz klar.

Gemäß einer Veranstaltung in Krefeld am 14.07.2023 treten die Preisträger 2023 „Feminist Anti-War Resistance“ (FAR) u.A. offen für Sabotageaktionen in Russland ein: „Wir werden über verschiedene Formen des Protests diskutieren, von kreativen feministischen Aktionen bis hin zu Sabotage [Fettschrift durch kraz] und Desertion“.

Damit tritt die FAR für die Schwächung einer kriegsführenden Partei und somit der Stärkung des Gegners (in unserem Preisträgerfall der Stärkung der Kriegspartei Ukraine/USA/NATO) ein. Auch mit Sabotageaktionen!

Und diese Wahl ist (im April)  erfolgt, nachdem ein Vorstandsmitglied des AFP zwei mal ungerügt in den Medien Waffenlieferungen in Kriegsgebiete befürwortet hat. Bellizisten im AFP-Vorstand? (siehe hierzu den kraz-Artikel [3] vom 28.2.23 )

Der AFP entfernt sich damit weiter von seiner Gründungserklärung von 1988 und hat seinen ursprünglichen Zweck aufgegeben. Der AFP folgt im Falle der FAR dem durch die Medien erzeugten Stimmungsbild [gegen Russland] im Großteil der Bevölkerung. Ist das der [neue] Sinn des AFP? Wem will man gefallen?

Aus der Gründungserklärung: „Wir wollen Frauen, Männer und Gruppen würdigen, die von „unten her“ dazu beigetragen haben, der Verständigung der Völker und der Menschen untereinander zu dienen sowie Feindbilder ab- und Vertrauen aufzubauen“.
==> Mit Sabotage????
==> Mit Waffenlieferungen???

(Ob die FAR nur Sabotage gegen Sachwerte empfiehlt und Gewalt gegen Menschen ausschließt, blieb offen.)

Kurz nach der Veröffentlichung der Entscheidung für die Preisträger [2] hatte der Aachener Friedenspreis e.V.“ am 10. Juli 2023 seine MitgliederInnen wie folgt informiert:

An: Verborgene_Empfaenger:;
Betreff: Diskussion mit Mitglied der Feminist Anti-War Resistance (FAR) am 14.07.23 um 19:00 in Krefeld

„Wir weisen auf folgende Diskussionsveranstaltung mit einem Mitglied der FAR (Preisträgerin 2023) hin:

Am Freitag, den 14.07.2023 um 19 Uhr diskutiert ein Mitglied von FAR in Krefeld,im H5, anarchistischer freiraum, Hardenbergstr. 5. Krefeld

Wir [der AFP] zitieren die Ankündigung: „Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dauert nun schon über ein Jahr. Das Putin-Regime hat eine Militärzensur eingeführt und die ärmsten Russen werden eingezogen und an die Front geschickt. Welche Formen nimmt Widerstand an, wenn Demonstrationen faktisch verboten sind und Aktionen gegen den Krieg mit Gefängnishaft bestraft werden? Wie wehrt sich die russische Gesellschaft gegen Krieg und Staatspropaganda? Und wie reagiert der Staat auf Widerstand?

Wir [die FAR und der Diskussionsveranstalter] werden über verschiedene Formen des Protests diskutieren, von kreativen feministischen Aktionen bis hin zu Sabotage und Desertion.

Maria Menshikova ist Mitglied von Russischer Sozialistischer Bewegung, Feministischen Antikriegswiderstand in Deutschland und Journalistin in Online-Zeitschrift DOXA. Sie ist in Russland wegen „Rechtfertigung des Terrorismus“ strafrechtlich verfolgt, weil sie dazu aufgerufen hatte, Briefe an verdächtigte Brandstifter von militärischen Rekrutierungszentren zu schreiben.“

Anmerkungen

[1] DGB-Erklärung zur Ablehnung einer Demo am 1.9.2023 hier nachzulesen

[2] AFP-Erklärung zur Preisverleihung 2023

[3] aus dem kraz-Artikel „Ein Jahr Ukraine-Krieg“ vom 28.2.23

Der Aachener Friedenspreis (AFP)

Von dieser bürgerlichen Fraktion der Aachener Friedensbewegung war während der ganzen Zeit eigentlich nichts zu dem Krieg zu hören. Bis ein langes Interview in den Aachener Nachrichten veröffentlicht wurde [Termin und link], auf dem der Vorstand (ein ehemaliger Militärpfarrer!) eine sehr befremdliche Aussagen machte:
„Für mich geht kein Weg an Waffenlieferungen vorbei. Ob es sich dabei um schwere oder leichte Waffen handelt, ist letztlich egal.“
Das führte im AFP zu heftigem, internen Protest. der aber bisher nicht öffentlich gemacht wurde, sodass diese o.g. (kriegswillige!) Aussage des AFP-Vorstands weiterhin die unwidersprochene „offizielle Position“ des AFP ist!

Leser haben 9 Kommentare hinterlassen.

  • Hans hat kommentiert am

    Die NATO ist keine Kriegspartei.
    Mehr Studium schlauer Zeitungen, weniger Internet hilft.

    • Thomas hat kommentiert am

      „Der Unterschied zwischen zu befürwortendem gewaltfreien Widerstand – bis zur Sabotage – in einem besetzten oder fremdbeherrschten Land und Sabotage in einem kriegsführenden Land ist den AFP-Verantwortlichen vielleicht nicht ganz klar“

      Mir in diesem Kontext auch nicht. Mach uns bitte klüger.
      Und wieso „kriegsführend“? Ich dachte das muss nachvollziehbare, legitime, begründete militärische Spezialoperation (also quasi Friedensmission) heißen.

    • Franz-Josef Surges hat kommentiert am

      NATO = Kriegspartei….? formell nicht….faktisch schon

  • M. Bonte hat kommentiert am

    „Der Unterschied zwischen zu befürwortendem gewaltfreien Widerstand – bis zur Sabotage – in einem besetzten oder fremdbeherrschten Land und Sabotage in einem kriegsführenden Land ist den AFP-Verantwortlichen vielleicht nicht ganz klar“

    Es ist bislang nicht bekannt, was der „Feministische Anti-Kriegswiderstand“ als „Sabotageaktionen“ versteht. Es wäre ja letztlich doch im Ermessen der betroffenen Staatsgewalt, was sie als „Sabotage“ aufasst. Nicht jede obstruktive Aktion zwar ließe sich als Sabotage bezeichnen, aber in Kriegszeiten könnte auch ein unschuldiges Sich-an-den-Asphalt-Kleben als Sabotage verfolgt werden, je nachdem was da über ihn fahren soll…

    Es ist halt Sache des russischen Gewaltmonopols, wie es mit seiner Opposition umspringt. Die Frage stellt sich, warum deutsche Friedensbewegte überhaupt den Anspruch erheben, dessen Kriterien moralisch zu bewerten, indem sie zunächst einen „Friedenspreis“ ausstellen, um dann über die Würdigkeit derer zu rechten, denen er verliehen werden soll.

    Kurz gesagt: Bereits ein „Friedenspreis“ selbst stellt einen Anspruch auf Zuständigkeit für militärische Konflikte überall auf der Welt dar und folgt damit der realen imperialistischen Einmischung des Deutschen Staats auf dem Weltmarkt – „kritisch“ oder nicht – propagandistisch bei Fuß. Da ist es doch nüchtern betrachtet müßig über die Kriterien zu streiten, die im Einzelfall im Anschlag gebracht werden, einmal abgesehen davon, dass der Kritiker hier Gefahr läuft, sich argumentativ in den eigenen zu schießen…

    Interssant immerhin könnten die lokalpolitischen Kabalen innerhalb der PdL sein, die mit der Gruppe Russische Sozialistische Bewegung nach oberflächlicher Recherche freundschaftlichen Kontakt pflegt. Maria Menschikowa (FAR) ist Mitglied dieser Organisation.

    Politisch auch nicht das Wahre, aber in solchen Sachen meistens gut informiert, die World Socialist Website:

    https://www.wsws.org/de/articles/2011/12/russ-d31.html

    • Thomas hat kommentiert am

      „Es ist halt Sache des russischen Gewaltmonopols, wie es mit seiner Opposition umspringt. Die Frage stellt sich, warum deutsche Friedensbewegte überhaupt den Anspruch erheben, dessen Kriterien moralisch zu bewerten“

      Die Frage stellt sich bedauerlicherweise wohl nur jemandem ohne moralische Kriterien.

  • M. Bonte hat kommentiert am

    Um einmal einen konstruktiven Gegenvorschlag zu einer Protestkundgebung am Elisenbrunnen zu machen, von dem sich die Organisatoren in diesem Fall wohl nicht mehr abbringen lassen werden und einmal mehr in eine kleine Propaganda-Falle rennen werden:

    Warum nicht stattdessen ein „Teach-Inn“ im Frankenberger Park, aber bitte ohne Trommler. Vielleicht sollte der Vorbereitungskreis sich auch einmal wirklich auf dissidente Linke beschränken und sich in den Vorträgen auf Analyse konzentrieren, die „Volksfrontagitation“ und dergleichen zusammen mit den Trommeln außen vor lassen; den Nationalismus kritisieren, wie es angebracht ist im pro-imperiaistischen Frankenberger Viertel und den „Extremismus der Mitte“.

    Ein paar Lieder wären nicht schlecht. Leute, die singen könnten auch nicht…

    Da ließen sich dann vielleicht auch neuere Lieder aus einem weniger neu-mittigen Milieu vorstellen und gegebenenfalls über fragwürdige Textstellen diskutieren 😉

    https://www.youtube.com/watch?v=mipujcSZrJs

    Sympathisch „konstruktiv“ oder? – na, wenn´s nicht regnet oder die „Antifa“ versucht mitzusingen…

  • M.Bonte hat kommentiert am

    Noch nachgereicht seien einige Hinweise für Leute, die sich allgemein für das „Purplewashing“ der deutschen Außenpolitik interessieren, auch wenn das Thema etwas an Relevanz verloren hat, seitdem sich der deutsche Außenminister als Herrenwitz mit weiblichem Antlitz entlarvt hat und inzwischen ideologisch zunehmend dysfunktional agiert.

    Immerhin macht sich die Indienstnahme migrantischer Gruppen, sowie des linken Opportunismus in und außerhalb der PdL und der Jugendsubkultur für die imperialistische Propaganda auch in Aachen durchaus bemerkbar.

    Erinnert sei an die zeitgleich zur Protestkundgebung gegen die Verleihung eines Ordens wider die menschliche Vernunft veranstaltete Manifestation eines gewissen Spektrums der iranischen Exilopposition in der Nähe des Eurogress.

    Unter dem von einer kurdischen Nationalistentruppe übernommenen Slogan „Women – Peace – Freedom“ fanden auch einige Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Weltfrauentag statt.

    Es ist nicht überraschend, dass unter den Freunden des „feministischen“ Mottos sich gerade Mitglieder der Familie Pahlavi tummelten, nicht nur bei einer Münchener Sicherheitskonferenz:

    https://securityconference.org/msc-2023/agenda/event/woman-life-freedom-visions-for-iran/

    zum „Stöbern“:

    https://www.akweb.de/bewegung/die-geheimnisvolle-iranische-opposition-zoegerliche-solidaritaet/

    https://www.akweb.de/bewegung/russlands-linke-im-krieg-dann-stellen-wir-uns-auf-die-seite-der-ukraine/

    https://www.boell.de/de/2023/01/02/women-life-freedom-eine-deutsche-feministische-aussenpolitik-gegenueber-dem-iran

    (interessanterweise nicht „feministisch“ gelabelt:)
    https://allevents.in/mobile/amp-event.php?event_id=200024517273352

    …aber da gibt´s noch mehr…

    Ob sich nun die neuen russischen Volkstümlerinnen besser als die Protagonistinnen der iranischen Kompradoren-Bourgeoisie als Trägerinnen eines proletarischen Feminismus eignen, sei einmal offen gelassen…

  • Franz-Josef Surges hat kommentiert am

    NATO = Kriegspartei….? formell nicht….faktisch schon

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