Zensur in Aachen!
9. November 2024 | Veröffentlicht von Walter Schumacher, 4 KommentareApollo-Kino stoppt die Aufführung von drei palästinensischen Filmen
Der Arbeitskreis Nah-Ost und eine Palästina-Gruppe hatten organisiert, dass drei Filme im Apollo-Kino in der Pontstraße gezeigt werden sollen (siehe das Ankündigungsplakat als Bild). Die Termine waren: 18.11., 1.12. und 2.12. (Die kraz hatte die Film angekündigt.)
Heute am 9.11.24 wurde nun auf der Palästina-Kundgebung bekannt gemancht, dass das Apollo-Kino diese Filme NICHT zeigen wird. Wir würden das ZENSUR oder ‚Betreuung des Denkens‘ nennen, aber andere werden das vermutlich ganz anders – nämlich als sehr positiv kennzeichnen.
Wir dokumentieren hier
a) den Zensurtext („Abkündigungstext“) auf der Homepage des Apollo
b) das Anschreiben des Apollo an die Veranstalter (Nah-Ost-Komitee)
c) Und das Schreiben eines (neu gegründeten) „Bündnis gegen Antisemitismus Aachen“, das auf der Facebookseite von Herrn Klarmann dokumentiert ist, was Auslöser der Zensurmaßnahme war.
a) Zensurtext („Abkündigungstext“) auf der Homepage des Apollo-Kinos
STATEMENT UND ABSAGE ZUR FILMREIHE „PALÄSTINA“
Sehr geehrte Damen und Herren, Liebe Kinogäste,
nach eingehender Prüfung der Hinweise bezüglich der Gruppierung „Palästina Solidarität Aachen“ (im weiteren PSA) müssen wir die geplante Filmreihe „Palästina“ absagen.
Diese Entscheidung ist nicht leicht gefallen, jedoch ist diese unumgänglich. Das Apollo Kino versteht sich als friedensstiftender Ort, welches Menschen unabhängig ihrer Religion, Herkunft, Sexualität etc. aufsuchen, um Filme zu sehen die bewegen und bilden. Die Reihe „Kino im Dialog“ steht für den konstruktiven Austausch über die Filmsichtung hinaus. Diese Werte werden jedoch von der PSA mit Füßen getreten, sie bedient antisemitische bis hin zu holocaustrelativierende Narrative in Kombination mit radikal islamischen Tendenzen. Aus diesem Grund wollen wir nicht in direkter Verbindung mit der PSA stehen, besonders wenn man sich die gestrigen Ereignisse in Amsterdam vor Augen führt.
Es ist mir ein besonderes Anliegen zu betonen, dass bisher kein direkter Austausch zwischen Apollo und PSA stattgefunden hat. Unser einziger direkter Partner war der „AK Nahost Aachen“, den wir als Mitglied des Eine Welt Forums, welches seit mehreren Jahren mit uns zusammen arbeitet, zunächst bei aller berechtigten Skepsis rund um die prekäre Situation rund um Gaza wohlwollend aufgenommen haben. Beim direkten Austausch wurde die PSA nicht erwähnt und explizit verneint, dass man antisemitische Narrative bedienen wollen würde. Dies ist jedoch mit dem Einbringen der PSA konterkariert worden.
Als Konsequenz habe ich soeben den Arbeitskreis Nahost per Mail informiert, dass das Apollo die Filmreihe absagt und von einer weiteren mit dem „Ak Nahost Aachen“ absieht. Die Vorstellungen von „Tantura“ am 1.12. sowie „Born in Gaza“ am 2.12. werden nicht stattfinden.
Die Vorstellung von „No Other Land“ am 18.11. soll mit einem Dialogpartner stattfinden, der mit den Werten des Apollo Kinos einhergeht. Es ist uns ein besonderes Anliegen diesen auf der Berlinale prämierten sowie für den Europäischen Filmpreis nominierten Film, der vom Wuppertaler Filmverleih immergutefilme ab 14.11 in die deutschen Kinos gebracht wird, in Aachen zu zeigen. Wir wissen, dass dieser Film kontrovers diskutiert werden wird, jedoch sehen wir es als unsere Pflicht an auch kontroverses Kino zu zeigen. Dabei geht es in keinster Weise darum persönliche politische Gesinnungen handelnder Akteure des Apollos zum Ausdruck zu bringen, sondern einen Beitrag für einen konstruktiven Diskurs zu liefern.
Zum Abschluss möchte ich mich eindrücklich bei der VHS Aachen sowie dem Bündnis gegen Antisemitismus Aachen für die Hinweise zu der Gruppierung „Palästina Solidarität Aachen“ bedanken.
Sven Ollig
Theaterleitung Apollo Kino & Bar Aachen
b) Anschreiben des Apollo-Kinos an die Veranstalter
—–Ursprüngliche Nachricht—–
Von: Sven Ollig – Apollo Kino Aachen <s.ollig@apollo-aachen.de>
Gesendet: Freitag, 8. November 2024 12:39
An: …
Betreff: Absage der Palästina-Filmreihe
Sehr geehrte Frau …,
mit großem Bedauern musste Ich feststellen, dass die von ihnen als Partner eingebrachte Gruppierung „Palästina Solidarität Aachen“ Gesinnungen offen teilt, die eindeutig als radikal islamistisch und antisemitisch bis hin zu Holocaustrelativierend auszumachen sind. Von solchen Gruppierungen distanziert sich die Geschäftsführung des Apollos geschlossen, weswegen Wir keine andere Wahl haben, als die „Palästina-Filmreihe“ abzusagen. Das Apollo Kino ist und bleibt ein Ort des friedlichen, interkulturellen Austauschs, dieser kann mit dieser Gruppierung jedoch zu keinster Weise gewährleistet werden. Leider muss Ich davon ausgehen, dass sie um die heikle Situation rund um „Palästina Solidarität Aachen“ wussten und nicht offen mit mir als Vertreter des Apollo Kinos umgegangen sind. Deswegen sehe Ich keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Ollig / Theaterleitung
c) aus einem facebookeintrag vom 8.11. von Klarmann:
…. Das „Bündnis gegen Antisemitismus Aachen“ hatte unter anderem in seinem Schreiben an das Kino nachfolgendes mitgeteilt:
»[M]it Bestürzung mussten wir feststellen, dass Sie gemeinsam mit der Gruppe „Palästina Solidarität Aachen“ (PSA) und dem „AK Nahost“ planen eine Filmreihe in Ihrem Kino zu zeigen, mit der offensichtlich einseitige antiisraelische Narrative transportiert werden sollen. Zu unserer grundsätzlichen Enttäuschung darüber, dass Sie – wie im Falle der PSA – rabiaten antizionistischen Propagandisten ein Forum bieten, die seit Monaten mit einem „Stoppt den Kindermord in Gaza“ Transparent die antisemitische Ritualmordlegende reaktualisieren, gesellt sich angesichts der jüngsten Entwicklung dieses Milieus in Aachen blankes Entsetzen.
Die PSA, der Sie ein Forum für ihre Propaganda zu geben gedenken, verbreitet im Internet einen Demonstrationsaufruf der sog. „students for palastine“, der in einer Weise die Shoah relativiert, wie man sie sonst nur von strammen Neonazis kennt. Unter der Parole „Nie wieder ist jetzt für alle!“ wird für eine Demonstration am Jahrestag der Reichspogromnacht geworben. Hinterlegt ist der Aufruf mit einer Fotomontage, die augenscheinlich ein Massengrab von Opfern der Shoah im Jahr 1945 dem Foto eines Massengrabes im Gazastreifen im Jahr 2024 gegenüberstellt. Dieser antisemitische Ausbruch, der vom maßgeblich antiimperialistisch geprägten Bündnis PSA weiterverbreitet wird, lässt sich mit Vokabeln wie geschichtsvergessen und widerlich nicht einmal annähernd adäquat beschreiben. […]
[…] Für uns existiert nach der Shoah keine Form des politischen Antizionismus, der ohne antisemitischen Kern auskommt. Diese Einschätzung kann man teilen, oder auch nicht. Eine Sache sollte aus unserer Sicht jedoch unabhängig davon als Mindeststandard gelten: Die Relativierung des Holocaust sollte bei jedem Menschen eine rote Linie markieren, die eine Zusammenarbeit mit den ausübenden Gruppen oder Einzelpersonen unmöglich macht. Indem Sie einer Gruppe wie der PSA eine seriöse Plattform bieten, bieten Sie ihnen zugleich die Möglichkeit, ihren geschichtsrevisionistischen Antisemitismus versteckt hinter vermeintlicher Palästina-Solidarität an Ihre Besucher*innen zu vermitteln.
Den Berichten des Aachener Journalisten Michael Klarmann können auch Sie entnehmen, dass die PSA nicht nur von der Stadt Aachen abgelehnt und gemieden wird, sondern dass sich die Beteiligten selbst zunehmend radikalisieren und zu einem gesellschaftlichen Klima beitragen, das eine Gefahr für die in Aachen lebenden Jüdinnen und Juden darstellt. Die Gruppe und die von ihr mitgetragenen Kundgebungen sind mittlerweile zur Aachener Anlaufstelle für NRW-weit agierende islamistische Agitatoren geworden, die sich an den Demonstrationen und Aktionen beteiligen und dort ungehindert auf der Klaviatur des Antisemitismus spielen dürfen, indem sie Israel mit dem dritten Reich gleichsetzen oder Mitglieder der israelischen Regierung mit nationalsozialistischen „Größen“ auf eine Stufe stellen. […]
So geht es in dem Milieu zu, das die kommende Filmreihe initiiert, bewirbt und besuchen wird. „Kino im Dialog“, wie es der Untertitel der Reihe verspricht, ist mit solchen Personen wohl kaum zu machen. Wir hoffen sehr, dass Sie aus den geschilderten Zusammenhängen die einzig richtige Konsequenz ziehen, die Zusammenarbeit mit den beiden Gruppen beenden und die Filmreihe absagen. […]«
#antisemitismus #aachen
Leser haben 4 Kommentare hinterlassen.
Wenn dann demnächst in Israel ein neuer Kulturminister ernannt werden muss, kann sich Herr Ollig ja mit guten Referenzen bewerben.
Vermutlich sehen wir in den geschilderten Ereignissen mal wieder nur die Spitze des Eisbergs, welche Seilschaften im Hintergrund wirkten und die Verantwortlichen des Apollo zum Stiefellecken „überzeugten“ bleibt im Dunkel.
Das „Bündnis gegen Antisemitismus Aachen“ argumentiert überhaupt nicht logisch stringent. Sein Satz „…die seit Monaten mit einem „Stoppt den Kindermord in Gaza“ Transparent die antisemitische Ritualmordlegende reaktualisieren“ ist vollig absurd. Die Parole „Stoppt das Abschlachten von Zivilisten in Gaza“ fände ich persönlich zwar auch besser, weil sie alle Einwohner Gazas umfasst, aber laut UN kamen nun mal in Gaza bei Bombardements bisher 70 % Frauen und Kinder um. Was bitte muss man rauchen um eine „Reaktualisierung der Ritualmordlegende“ darin zu sehen, ein Ende der Ermordung von Kindern zu fordern?
Und dann dieser Satz:
„Hinterlegt ist der Aufruf mit einer Fotomontage, die augenscheinlich ein Massengrab von Opfern der Shoah im Jahr 1945 dem Foto eines Massengrabes im Gazastreifen im Jahr 2024 gegenüberstellt. Dieser antisemitische Ausbruch,…“
>>> Wenn jemand beide Fotos, wie beim Aufruf der Demo geschehen, als abschreckendes Beispiel anführt, kann wohl kaum von einem antisemitischen Ausbruch gesprochen werden. Ich habe den Eindruck die Veranstalter der Demo lehnen die Shoah und die Kriegsverbrechen in Gaza gleichermaßen ab!
Wieder einmal ein Beispiel dafür wie mit Emotionen argumentiert wird, die aber als Fakten dargestellt werden. Unsere Gesellschaft verliert leider im Großen und Ganzen betrachtet gerade immer mehr den Verstand, erkennbar daran, dass sie sich auf solche Argumente immer wieder einlässt. Ein allgemeiner Wahn greift um sich der einen wirklich erschaudern lässt.
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