Wie weiter mit Jülicher Atommüll?

10. Juli 2014 | Veröffentlicht von Walter Schumacher, Keine Kommentare

Wie geht es weiter mit dem Atommüll in Jülich?

In der Presse wurden in den letzten Wochen die Skandale rund um den Kugelhaufenreaktor AVR im Forschungszentrum Jülich (FZJ) breit und ausführlich beschrieben. Hier gibt es für die Anti-AKW-Bewegung nicht mehr viel zu diskutieren.
Ähnliches gilt für den verseuchten AVR-Reaktorbehälter. Er wird in Jülich bleiben. Es wird Auseinandersetzungen um die Sicherheit seiner Lagerung geben. Aber er wird dort bleiben müssen.

Sehr aktuell geht es aber für die Anti-AKW-Bewegung um die Frage:
==> Was tun mit den riesigen Mengen Atommüll, die in den 153 Castoren in Jülich lagern?

Hier gibt es einerseits Diskussionen, WO der Strahlungsmüll zwischengelagert werden soll und zum anderen, WIE er sicher gelagert werden kann und dabei Vorsorge getroffen wird, dass aus dem nuklearen Müllmaterial keine neuen Atomwaffen entstehen können.

Zum ‚WO‘

Bei der Diskussion um den Verblieb des Jülicher Atommülls werden aktuell drei verschiedene Optionen ins Spiel gebracht:
– Transport in die USA
– Transport in das Zwischenlager Ahaus
– Verbleib in Jülich in einem neu zu bauenden Lager.

Zum ‚WIE‘ – Expertenkommission notwendig

Die Erstellung eines sicheren Konzeptes für die Müllbehandlung wäre die Aufgabe einer geeigneten Expertenkommission, in der aber auch Experten vertreten sein müssen, die das Vertrauen der Anti-AKW-Bewegung besitzen und die für die Öffentlichkeit der Kommissionsarbeit sorgen.
Die AKW-Bewegung wird sich selber aber sicher NICHT an dieser Diskussion über Endlagerung oder Beseitigung von Atom-Müll beteiligen. Sie verweigert solche Beteiligungen logischerweise auch bisher schon mit dem Argument „Wieso soll man über den Bau von Landebahnen diskutieren, solange immer noch Flugzeuge erneut gestartet werden?“

Das wahrscheinlichste ‚WO‘

Bevor nun Aktionen der Anti-AKW-Bewegung geplant werden, müsste bekannt sein, wo der Müll am wahrscheinlichsten hingehen wird. Im Folgenden werden die möglichen Varianten und deren Folgen diskutiert:

Variante „Transport in die USA“

Das FZJ und die Kugelhaufenlobby, aber auch die Bundes- und Landesregierung präferieren den Transport in die USA. Das würde ihnen am wenigsten Ärger bereiten, es besteht aber das Problem, dass das Atomgesetz den Export von kommerziell genutzten nuklearen Brennstoffen verbietet. Hintergrund ist dabei, dass der Atommüll in einem Versuchsreaktor und nicht in einem Forschungsreaktor erzeugt wurden. Der Versuchsreaktor (AVR) besaß nämlich das Ziel, Strom ins Netz einzuspeisen und muss somit wie ein gewöhnlicher Leistungsreaktor behandelt werden, was den entsprechenden IAEA und BfS-Voten entspricht. Gleichzeitig würden dann auch die THTR-Castoren „mit exportiert“ werden können, was in den USA schon länger diskutiert wird, in Deutschland aber noch unter dem Teppich gehalten wird.
Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt, dass durch den Export des Mülls in die USA dort eine Wiederaufbereitung der Jülicher Kugel angestoßen würde. Damit würde nochmals Geld und Entwicklungsarbeit in eine Technologie fließen, die eigentlich durch den Crash des Jülicher AVRs „glücklich“ zum Ende gekommen war.
Aber da bestehende Gesetze für die gut in der Politik vernetzten Lobbyisten rund um den Kugelhaufenreaktor nicht unbedingte Hürden darstellen, gilt es für die Anti-AKW-Bewegung hier deutlichen Widerstand zu leisten. Trotzdem wird dieser wegen der Gesetzeslage primär auf legalistischem Weg und weniger auf der Straße erfolgreich sein können.

Sollte es aber trotzdem zu einem USA-Export kommen, würde der vermutlich über die Schiene erfolgen. Hier könnten Schienenblockaden hilfreich sein. Wie uns Aktivisten berichten, wäre im Nahbereich des FZJ sogar das Konzept „Schottern“ sehr gut anwendbar!

Variante „Transport nach Ahaus“

Hier würden die 153 Castoren über die Straße mit LKWs nach Ahaus verbracht. Die entsprechenden Genehmigungen lagen schon mal vor und diese Variante käme sicher dem Wunsch des FZJ entgegen, die Castoren endlich vom Platz zu haben. Nur die Bevölkerung in Ahaus würden Widerstand leisten, aber vermutlich wird die Atom-Mafia das als das kleinere Übel ansehen.

Variante „Verbleib in Jülich“

Dieses wäre die sauberste Variante, solange kein einvernehmliches Konzept für eine Endlagerung existiert. Diese Lösung wird von der Anti-AKW-Szene gefordert, auch wenn das für die Jülicher Bürgerinnen – entsprechend dem St. Florianprinzip – sicher nicht nicht die angenehmste Lösung sein wird.
Andererseits ist dies für das FZJ sicher die problematischste und unwahrscheinlichste Variante, weil sie wegen der fehlende Genehmigungen, langen Genehmigungsverfahren, Kosten, psychologische Abwehrreflexe usw. viel Ärger bei einem Verbleib des Atommülls in Jülich hätten.

Druck für eine schnelle Lösung

Politisch wird nun von vielen Seiten erheblicher Druck aufgebaut, den Jülicher Müll bald fortzuschaffen. Dabei wird seitens der NRW-Landesregierung endlich auch mal etwas Phantasie aufgebracht – wenn auch für die falsche Lösung.
Aus den genannten Gründen ist der Transport nach Ahaus die wahrscheinlichste Variante. Die Anti-AKW-Bewegung stellt sich daher bereits auf DIESE „Lösung“ der Castor-Transporte ein.

Was tun?

Am kommenden Sonntag wird es in Düsseldorf ein Treffen der Anti-AKW-Bewegung geben, auf dem geeignete Strategien gegen diese Castor-Transporte besprochen werden:
Der Widerstand kann sich entlang der gesamten Transportweg entwickeln.

  • Hierbei wird das in Ahaus vergleichsweise einfach möglich sein.
  • Das gilt auch für die Transportstrecke unterwegs. LKWs mit radioaktiver Fracht sind natürlich für eine Anti-AKW-Bewegung ein gut „behinderungsfähiges“ Ziel.
  • In Jülich wird die Entstehung von Widerstand vermutlich am schwierigsten sein, weil die Menschen dort (siehe St. Florian) froh sein werden, das Zeug endlich los zu sein.

Was die regionale Anti-AKW-Bewegung offensichtlich benötigt ist die Bereitschaft und Unterstützung aus dem restlichen Bundesgebiet, um den Abtransport aus Jülich zu behindern. Kämen bspw. Trecker aus Gorleben, würden sie den dort erfolgreich erprobten Widerstand in den Jülicher Raum bringen. So wäre schon zu Beginn der Castor-Transport-Kette Jülich-Ahaus ein heftiger Widerstand (mit entsprechender Öffentlichkeit) organisierbar.

Der Friedensacker

Dicht bei Jülich steht in Glimbach mit dem „Friedensacker“ ein großes Gelände der (alten) Friedensbewegung zur Verfügung, das sich durchaus als „Basis“ dieses Widerstandes nutzen ließe.
In den nächsten Monaten organisiert die Anti-AKW-Bewegung eine bundesweite Unterstützung für Castor-Transport-Blockaden in Jülich. „Es wäre sehr hilfreich, wenn die jeweiligen Aktionsgruppen dazu aufrufen, für den Tag X zu Blockaden nach Jülich aufzurufen.“ teilten uns die lokalen Gruppen mit. Die kraz wird über entsprechende Bestrebungen berichten.

Schlussbemerkung

Sollte es doch die USA-Exportvariante zum Tragen kommen, scheint auch dann eine bundesweite Blockadeunterstützung unbedingt notwendig, weil auch in diesem Fall die lokale Bevölkerung deutlich weniger Unterstützung liefern wird, als es bekanntermaßen in Gorleben der Fall ist.

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