Wider die Meinungsfreiheit

12. Februar 2023 | Veröffentlicht von Markus Kirch / ws, 2 Kommentare

Unter Beteiligung der Fraktion der Linkspartei?

In zwei Artikeln der AN [1] wurde kürzlich berichtet, dass die Ratsfraktionen in Aachen den Historiker Dr. Daniele Ganser ausladen wollen. Und es wurde berichtet, dass auch die PDL Aachen mit dabei sei!
Aber worum geht’s bei „Ganser“??

Warum steht Ganser im deutschsprachigen Raum so unter Druck?

In ganz Deutschland ist eine mediale Debatte um Dr. Daniele Ganser entbrannt. Mehrere Städte haben dem bekannten Historiker die vertraglich bereits zugesagten Veranstaltungsräume für seine Auftritte gekündigt.
Dabei stehen sowohl Antisemitismus-Vorwürfe als auch die nicht dem offiziellen Narrativ entsprechenden Einschätzungen zu 9/11, der Corona-Pandemie sowie des Krieges in der Ukraine als Vorwürfe im Raum.

Zu dem konkreten Anti-Semitismus-Vorwurf

Der Antisemitismus-Vorwurf bezieht sich dabei auf den Film „Pandamned“ der bei Youtube angeschaut werden kann.(https://www.youtube.com/watch?v=Utv-TYMGKWk >> Daniele Ganser ca. 1 Minute lang zu sehen ab 1 Std. 24 Min.). Dieser Film wurde in 2021, also dem Höhepunkt der Corona-Pandemie bzw. -Hysterie gedreht.

Im Film bezeichnet Ganser den Kampf zwischen Protestanten und Katholiken im späten Mittelalter in Europa, die Nazis und den Holocaust sowie die Killingfields jeweils als lokale Ausbrüche von Wahnsinn und betont, dass es so etwas immer gegeben hat und wir uns klar machen müssen, dass so etwas auch weiterhin möglich ist.

Dann sagt er, bei der Corona-Pandemie herrsche gerade weltweit Wahnsinn und er sei dagegen, dass Geimpfte und Ungeimpfte gegeneinander ziehen und sich bekämpfen. Dabei sitzt er unter einem von ihm gesponserten großen Plakat, auf dem steht: „wir sind alle eine Menschheitsfamilie, sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte.“

Ganser betitelt den Holocaust somit als Wahnsinn, was eindeutig eine sehr negative Zuschreibung ist. Weder leugnet er ihn noch gibt er dem Holocaust irgendeine relativierende Zuschreibung, er warnt vor solchen Ausbrüchen kollektiven Wahnsinns. Was bitte ist daran antisemitisch?

Dass er danach die Coronamaßnahmen als weltweiten Wahnsinn bezeichnet, mag einigen Verfechtern der Maßnahmen nicht gefallen, relativiert aber nicht den Holocaust, wie ihm das vorgeworfen wird. Wenn überhaupt könnte man ihm vorwerfen, dass er die Einschränkungen und Anfeindungen gegenüber Ungeimpften zu extrem dargestellt hat, aber das ist nicht strafbar oder anrüchig sondern gegebenenfalls eine Fehleinschätzung, die allerdings aus einer Zeit stammt, als die Diskussion über Ungeimpfte teilweise wirklich ein unterirdisches Niveau erreicht hatte.

– Kommentar dazu von mk –

Zur Diskussion um Ganser und das Recht, öffentliche Veranstaltungen verhindern/verbieten zu können

Wer bitte gibt Politikern das Recht zu entscheiden, welche Meinungen in der Öffentlichkeit geduldet werden? Wir haben Krieg in Europa und es werden keine anderen Meinungen zugelassen als die derjenigen, die den Krieg mit noch mehr Waffen bekämpfen wollen? „Betreutes Denken“ könnte man so was nennen.
Unsere Demokratie ist in Gefahr, wenn der Staat im Vorfeld von Veranstaltungen oder ähnlichem „lenkend“ eingreift, indem er entscheidet, welche Informationen – natürlich abgesehen von zu Recht unter Strafe gestellten Inhalten – die Bevölkerung noch verkraftet. Demokratie lebt von Meinungsaustausch, und das bezieht explizit auch unnötige, blöde und falsche Meinungen mit ein.
Wenn wir zulassen, dass sich diese Art mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung umzugehen, durchsetzt, dann haben wir kein Recht auf freie Meinungsäußerung mehr. Und dieses Recht ist eine Grundvoraussetzung für Demokratie. Nur wer sich frei informieren kann, kann auch frei eine eigene Meinung bilden.
Beim „Betreuten Denken“ sind Wahlen nur Show. Der unmündige, weil schlecht informierte Bürger, ist dann nur ein Idiot, der das Kreuzchen brav da macht, wo ihm gesagt wurde dass es hingehört.
Dass jeder Mensch eigene Einschätzungen zu historischen Ereignisse wie 9/11 oder dem Umgang mit der Pandemie haben kann (und vielleicht auch sollte) die dem offiziellen Regierungsnarrativ widersprechen, sollte in einem freien Land eine Selbstverständlichkeit sein und nicht als Vorwurf angeführt werden können. Dass es bei uns mittlerweile reibungslos funktioniert, Menschen in der Öffentlichkeit kalt zu stellen indem man ihnen vorwirft, unredliche Meinungen zu vertreten, sagt einiges über unsere Gesellschaft aus – aber meist sehr wenig über die Betroffenen.

Ratsfraktionen in Aachen wollen Ganser-Vortrag verhindern

Wie kürzlich der Aachener Zeitung zu entnehmen war, wollten alle Ratsfraktionen in Aachen Dr. Ganser für den 28.03.23 aus dem Eurogress ausladen – mit dabei auch die Fraktion der Partei Die Linke. Dazu haben die Fraktionen das städtische Rechtsamt gebeten, die Möglichkeit einer Ausladung zu prüfen.
Der Autor dieses Textes, selber Gründungsmitglied der PDL in Aachen, hat deswegen eine E-Mail mit folgenden fünf Fragen an die Ratsfraktion der PDL in Aachen gesandt und um Beantwortung bis Freitag den 10.02.2023 gebeten (siehe [2]), damit die Antworten mit in diesen Artikel in der kraz einfließen können.
Die Fraktion der PDL in Aachen hat darauf bis zum Erscheinen dieses Artikels am 12.2. nicht geantwortet.

– Kommentar von mk wg. der ‚Nicht-Antwort‘ –

An die Ratsfraktion der PDL Aachen:
Liebe Genossen,
solltet ihr jetzt doch noch Lust bekommen zu antworten könnt ihr die Antwort gerne noch nachreichen und wir drucken sie hier. Falls ihr zu solchen Dingen aber keine Stellung mehr bezieht nachdem ihr von Mitgliedern eurer eigenen Partei dazu aufgefordert wurdet, habt ihr das Interesse an Linker Politik längst verloren und seid nur noch Büttel des Systems. Wen glaubt ihr zu vertreten wenn ihr mit niemandem sprecht und kommuniziert der auf euch zu kommt? Wie soll unser Parteiensystem funktionieren und den Wählerwillen erfassen und kanalisieren, wenn bereits in Ortsgruppen gewählte Vertreter nicht mehr mit ihren eigenen Mitgliedern kommunizieren?

Anmerkung

[1] Aachener Nachrichten/Aachener Zeitung vom 4.2. und vom 10.2.23

[2] Die Fragen an die Ratsfraktion der PDL in Aachen

  1. Stimmt es, das die Ratsfraktion der PDL-Aachen Dr. Daniele Ganser ausladen will?
  2. Welche konkrete Kritik gibt es an Herrn Ganser? (Bitte aufbauend auf Primär-Quellen, also in Bezug auf das was Herr Ganser selber gesagt oder getan hat, argumentieren…)
  3. Wieso kann mit Herrn Ganser (und einigen Mitgliedern der Aachener Linken die sich den Vortrag gerne anhören würden) nicht gesprochen werden und ggfls. falsche Ansichten durch Argumente widerlegt werden?
  4. Wieso ist es anscheinend gefährlich Herrn Ganser reden zu lassen und warum ist es in einer Demokratie, wo doch Meinungsfreiheit herrscht, nicht zu verantworten, dass er bei uns Auftritt?
  5. Ganz allgemein: Ist die Ratsfraktion der PDL-Aachen der Meinung, dass andere Meinungen, die vlt. falsch, bescheuert oder einfach nur unrichtig sind, aber keinen Straftatbestand darstellen, unterdrückt werden sollen?

Leser haben 2 Kommentare hinterlassen.

  • Gabriele Weck hat kommentiert am

    Die Herabsetzung und Diskreditierung des Dr.Ganser durch die Aachener Presse und Politik kann ich nur noch als böswillig bezeichnen, da sie offensichtlich rein willkürlich und ohne Bezug zu seinen Äußerungen abgesetzt werden
    Daniele Ganser setzt sich durchgängig für Frieden und friedliches Miteinander ein. Die Waffenlieferungen bezeichnet er als einen Auftakt zum Wettrüsten und damit als eine Verlängerung des Krieges, der mit jedem Tag Leid und Tod bedeutet. Er hält Verhandlungen für die sehr viel bessere Lösung, umdas Leid zu beenden, und hält sie für Erfolg versprechend mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des Krieges, Diese ermöglicht, dass dieDie Interessen beider Seiten dabei berücksichtigt würden.
    In was für einem System leben wir, wenn man eine solche Meinung nicht mehr vertreten darf?

    Danke für den guten Artikel und die Anfrage an die Politik!

  • Chapeau, Markus Kirch: Jeder Satz ein Treffer ins Schwarze – und das erklärt das „Schweigen der Schlaflämmer“ in der PDL, der „allerdümmsten Kälber“ weit und breit.
    Das Irre ist: sie wissen, dass sie alle ihre Prinzipien – von wegen „demokratisch“, von wegen „Grundrechte“ – mit Füßen treten: und sie tun es!
    Was ist ihr Motiv? Opportunismus. Feigheit vor den Feinden der Demokratie!
    Sie bezeichnen sich als „Volksvertreter“, doch sie machen das, was Martin Niemöller in seinem Gedicht als Lehre aus dem III. Reich beschrieben hat: erst holten sie (die Nazis) die Kommunisten – aber ich war ja kein Kommunist, dann holten sie die Sozis – und als niemand mehr da war, da holten sie mich!
    Diese Flachpfeifen der PDL haben Aufsätze geschrieben zum Thema „Wehret den Anfängen“, aber sie sind nicht nur zu feige, sich dagegen zu verwahren – sondern sie betreiben auch noch aktiv das Geschäft der Reaktion.

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