Radioaktivität – im Schulterschluss überwachen

26. Mai 2020 | Veröffentlicht von TDRM / ws, Keine Kommentare

Aachener Projekt TDRM gemeinsam mit niederländische NGO WISE

Noch beherrscht Corona die Nachrichten. Unbeirrt und ungestört durch öffentliche Aufmerksamkeit werden indes die belgischen AKWs Tihange und Doel weiter in Betrieb gehalten, die weithin als Reaktoren mit hohen Sicherheitsrisiken gelten. Hierbei sind nicht einmal die Risiken für die Bevölkerung infolge von Corona-Infektion in der Belegschaft in Betracht gezogen.

Und das Übelste …

Der Betreiber Eletrabel nutzt gerade die Ablenkung der Medien, um für eine weitere Verlängerung der Laufzeiten zu werben. Daneben gibt es derzeit erhebliche Auseinandersetzung um ein neues Zwischenlager in Tihange, das das alte, überquellende und undichte Nasslager ersetzen soll. Und zu alledem erleben wir gerade die rigiden Versuche, ein atomares Endlager in unsere direkten ostbelgischen Nachbarschaft aufzubauen.

Das Gute …

Unbeirrt davon hat das Aachener Projekt „Tihange-Doel Radiation Monitoring“, kurz TDRM [1] seine Arbeit fortgesetzt. Vor vier Jahren startete die Aachener Regionalgruppe des FIfF [2] das TDRM-Projekt in einer gemeinsamen Aktion mit dem AAA [3] und den Aachener IPPNW [4]. Damit sollte die Öffentlichkeit über ungewöhnliche Anstiege der Radioaktivität in der Region möglichst frühzeitig und vor allem weder von politischen und noch von kommerziellen Interessen beeinflusst informiert werden. Innerhalb weniger Monate entwickelte und realisierte die Projektgruppe – eine Handvoll Ingenieure und Informatiker – Sensor-Stationen und Datenerfassung für ein Netz zur Messung der atmosphärischen Radioaktivität. Mit vielen kleinen und auch einigen größeren Spende für die Materialbeschaffung wurde die ehrenamtliche Arbeit unterstützt.

Im Umkreis der AKWs Tihange und Doel, im niederländisch-belgischen Grenzgebiet und natürlich besonders in der Aachener Region, fanden sich engagierte Menschen, die eine solche Sensorstation in ihrem privaten Bereich installierten. In Belgien war das AAA aufgrund seiner dortigen Vernetzung – z.B im Zuge der 90 km-Menschenkette – hilfreich, entsprechende Kontakte herzustellen.

Das FIfF stellte seinen Internetserver zur Verfügung, auf dem die Messwerte zusammen laufen, in einer Datenbank dokumentiert werden und über die Internetseiten TDRM.eu minuten-aktuell abgerufen werden können. Mittlerweile ist das TDRM-Netz auf 30 Sensorstation ausgebaut.

Das Neue …

Eine besondere Erweiterung erfuhr das TDRM-Netz nun jüngst in einer Kooperation mit dem niederländischen „GammaSense-Netz“. Unter dem Namen GammaSense hat die NGO WISE [5], technisch unterstützt durch die die NGO Waag [6], ein Netz für die Radioaktivitätsmessung eingerichtet, ebenfalls mit 30 derzeit jedoch vorwiegend in den Niederlanden positionierten Sensorstationen [7].

Da sich die Erfassungsgebiete der beiden Netze geografisch ideal ergänzen, wurde eine gegenseitige Nutzung der Messdaten vereinbart. Das TDRM-Projekt hat jetzt GammaSense-Stationen ausgewählt, deren Lage bezüglich der belgischen AKWs relevant ist. Diese wurden in die TDRM-Internetdarstellung integriert und damit der erste Schritt zur Umsetzung der Vereinbarung gemacht.

Beispielhaft – Grenzüberschreitend – Verbinden

Beispielhaft ist diese Kooperation zum Einen, weil es hier gelungen ist, eine Synergie zwischen sehr unterschiedlich aufgestellten und agierenden NGOs herzustellen

  • das vom FIfF getragene TDRM-Projekt will den in einer Risikoregion lebenden Menschen zu jeder Zeit eine aktuelle Einschätzung der Gefahrenlage ermöglichen,
  • das WISE/Waag-Projekt will primär Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Sammlung von Umweltdaten für eine nachhaltige Entwicklung unseres Lebensraums beteiligen,
  • Schnittmenge ist jedoch das gemeinsame Eintreten gegen die Nutzung der Atomenergie.

Hiermit ist es dem Projektteam erfolgreich gelungen, die Heterogenität sehr unterschiedlich konzipierter Netze durch offengelegte Schnittstellen zu überwinden. Sie hoffen, damit auch andere Grenzregionen zur Nachahmung anzuregen und vor allem bestehende oder geplante Insellösung miteinander zu vernetzen.

Eigentlich träumen sie noch größer: Zusammen mit allen Initiatoren dieses Projektes wünschen sie sich ein Treffen möglichst vieler europäischer Anti-Atom-Gruppen, auf dem gemeinsam der Aufbau eines übergreifendes und Interessen-unabhängiges Radioaktivitäts-Monitornetz von Grass-Root-Bewegungen angeschoben wird.

Anmerkungen

[1] Tihange-Doel Radiation Monitoring, TDRM: tdrm.eu
[2] Forum InfomatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V., FIfF: fiff.de
[3] Aachener Aktionsbündnis gegen Atomkraft, AAA: anti-akw-ac.de
[4] Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (International Physicians for the Prevention of Nuclear War), IPPNW: ippnw.de/der-verein/ippnw-regionalgruppen/aachen.html
[5] World Information Service on Energy, WISE: wiseinternational.org
[6] Waag Technology and Society (waag.org)
[7] GammaSense – Citizens Measuring Gamma Radiation: gammasense.org/map

Kontakt: info@tdrm.eu

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