Leserbriefe zur Jebsen-Veranstaltung am 12.2.16

15. Februar 2016 | Veröffentlicht von , Keine Kommentare

Leserbriefe/Reaktionen zur Ken Jebsen-Veranstaltung

Nach der Veranstaltung vom 12.2.16 sind uns mehrere Leserbriefe zugeschickt worden, die wir hier veröffentlichen. Diese geben nicht automatisch die Meinung der kraz wieder. Leserbriefe die sich auf Leserbriefe beziehen veröffentlichen wir HIER nicht.
Wichtig: wir veröffentlichen nicht automatisch alle Leserbriefe!
— Thomas Woerpel, vom 12.2.16, 20:23 —

… Ich komme gerade von der Veranstaltung mit Ken Jebsen und bin ernsthaft verstört !!
Ich muss zugeben nicht ganz unbelastet dahin gegangen zu sein, ist doch die Querfrontdiskussion auch nicht spurlos an mir vorbei gegangen. Also hingehen und so unvoreingenommen wie möglich selber ein Bild machen ….. Ich muss aber zugeben das ich nach ca. 30 min. raus musste. Ich habe körperlich auf das reagiert was ich da erlebt habe!
Wo soll ich nur anfangen? Form oder Inhalt ?
Nehme ich zuerst den Inhalt, bin ich damit schon mal schnell fertig. NULL – NICHTS – NADA.
Eine zusammenhanglose Aneinanderreihung „Linker“ Kalendersprüche. Und Stickertexte. Wenn der Begriff Plattitüde eine Berechtigung suchte, hier hatte er sie gefunden.
„Kapitalismus tötet“ …. Whow, ist das so?!
Rüstungsindustrie dient dem Kapitalismus …. Nu guck mal einer an!
Die Begründung für den Irakkrieg war gelogen  … Nee, sach ma – echt jetzt?
Wir konsumieren zu viel … Was für eine Erkenntnis – das war Neu!
……
Diese Phrasen kommen aus dem Nichts und führen ins Nichts. Keine Herleitung, keine Analyse, keine Zusammenhänge, was sind Ziele. Aber warum funktioniert das bei einem nicht ganz unerheblichen Teil seiner Fangemeinde – auch eben in der EKiR?
Und nun wird es sehr sehr Ernst!
Ich muss zugeben das ich mit dem Begriff Demagogie nie so recht was anfangen konnte, nach diesem (halben) Auftritt hat sich das geändert.Definition WIKI:

„Demagogie betreibt, wer bei günstiger Gelegenheit öffentlich für ein politisches Ziel wirbt, indem er der Masse schmeichelt, an ihre Gefühle, Instinkte und Vorurteile appelliert, ferner sich der Hetze und Lüge schuldig macht, Wahres übertrieben oder grob vereinfacht darstellt, die Sache, die er durchsetzen will, für die Sache aller Gutgesinnten ausgibt, und die Art und Weise, wie er sie durchsetzt oder durchzusetzen vorschlägt, als die einzig mögliche hinstellt.“

Ich weiß ehrlich nicht mit welchen Worten ich das erlebte beschreiben soll. Am ehesten trifft es wohl:
„Ein schreiender Egomane auf Droge“ Ich hatte mir im Vorfeld ein paar Videos angesehen und war in gewisser Weise vorbereitet. Was das live bedeutet …. ist gruselig! Da schreit ein gestriegelter Lackaffe unglaublich selbstverliebt Plattheiten in ein Mikro und das Schlimmste, seine gläubige Gemeinde nickt dankbar und zustimmend nach jedem rausgebrüllten rethorischen Rülpser.
Ganz ehrlich!!: Ich kenne einen vergleichbaren Sprachduktus nur aus alten Wochenschaufilmen aus dem Sportpalast in Berlin … Ihr wisst schon. Nicht der Inhalt (den gab es ja bei Jebsen nicht) aber die Form war erschreckend!
Ich bin verstört das so etwas funktioniert und dann noch mit semi linken Thesen. Verschwörungstheorien und Antisemitismus gab es in diesen 30 Minuten nicht aber alles andere war zum weglaufen.
Mir tut der Veranstalter Leid und alle die sich dafür hergegeben haben diesen Auftritt im Vorfeld zu verteidigen. Ich hoffe Ihr habt die Größe einzusehen das sich so etwas nicht wiederholen sollte.

— Bettina Woerpel:, 12.02.2016 um 20:26 —

… ich habe heute die ersten 30 min der Ken Jebsen Veranstaltung besucht … ertragen. Und ich muss sagen, dass ich ziemlich entsetzt vorzeitig gehen musste. So etwas habe ich in meinem inzwischen schon recht langen Leben noch nicht erlebt.
Ich wurde 30 Minuten angebrüllt, mit unzähligen „OK?“ versucht, auf Spur gebracht zu werden.
Inhaltlich wurde zum angekündigten Thema „Demokratie oder Markt? – Was kostet uns der Casino-Kapitalismus?“ nichts als eine wahlloses Aneinanderreihen gängiger linker Platitüden geboten.
Das Gefühl, qua Lautstärke und unzählichen „OK?“ um Zustimmung zu „nichts“ bewegt zu werden, war mulmig.
Die zustimmend nickenden und dann auch aplaudierenden Mithörer fand ich befremdlich. Ich konnte und wollte dieser Posse eines auf Droge stehend wirkenden Redners nicht länger mein Ohr schenken.
Ich weiss nicht, ob das Querfront, oder welche Front auch immer ist. Wirken tat es, wie der egomanische Trip eines in sich selbst Verliebten, Inhalts leer, wirr springend, ganz weit weg von einer Analyse, ohne Ziel, ohne Punkt und Komma, dafür aber ganz laut.
Entsetzte Grüße …

— François, 13.2.16, 7:30 —

(kraz-Anmerkung:Wir haben dieses Schreiben von einem im Aachen wohnenden Franzosen erhalten. Deshalb bitte alle orthographischen Fehler freundlich überlesen.)

… Ein Paar Gedanken über den Vortrag von Jebsen, die ich fast bis zu Ende gehört habe.

Als Jebsen ‚umstritten‘ ist, haben sich einige entschlossen die Veranstaltung zu zerstören, und Jebsen zu konfrontieren mit sein eigene Aussagen. Dazu, hat Jürgen Groneberg (wenn ich mich nicht vertausche) gebettet um Ruhe so das ein ‚Dialog‘ statt finden könnte, am Ende der Veranstaltung.

Als alle erste, ich glaube dass es kein Raum gab für ein Dialog, für folgende Grund. Alle durften sich melden um ein Kommentar zu äußern, und haben auch den Mikrofon bekommen, und dass war gut gemacht von Herrn Groneberg. Aber gegen Kritiken, hat Jebsen sich meistens empört, die Kritik nicht sachlich beantwortet und geschafft die Vorwürfe an ihn um zu drehen und die zurück an die fragende Person vorzuwerfen (Rhetorisch sehr gut!). Ein Beispiel, Jemand von Publikum hat ein Zitat von Jebsen vorgelesen über Zugvögel und gefragt was er damit meint, ohne Kommentar dazu zu geben („Im Wald gibt es keinen Krieg, […] Die kommen bestens ohne Demokratie zurecht.“ ) Von diese Zitat kann mensch leicht verstehen als: ‚kein Krieg‘ gleich ‚kein Demokratie‘. Dazu hat sich Jebsen nicht sachlich beantwortet und der Fragesteller angepöbelt: „Du bist der wahre anti-demokrat! Du bist der wahre anti-demokrat! Du bist der wahre anti-demokrat!“ Oder so etwas in die Richtung.

Dazu hat die Fragesteller leider nicht antworten können. Und auch kein Andere fragende Person. Mensch war denn gezwungen zu schreien um Wiederwort zu geben. Ich wurde es nicht als Dialog bezeichnet.

Zweitens, ich bin ziemlich sicher dass alle Leute in den Raum finden den Politik von Israel Scheiße und sehr kritisierbar. Ich glaube dass alle Leute in den Raum sind gegen Krieg und gegen Rassismus, unter andere.

Alle Leute haben ihre eigene Art aktive zu sein gegen solche Geschehen. Aber gegen Kritik, Jebsen schaff es immer die Leute herunter zu ziehen und zu zeigen dass Er besser weiß (Rhetorisch sehr gut!), dass er besser macht und dass sein KritikerInnen nicht in die Straße gehen oder egal-was nicht machen was Er macht. Und dass behauptet er OHNE die Leute zu kennen. Also, nicht sehr konstruktiv…
„Du bist dumm mein Freund!“
„Du hast ein Wissenslücke!“
„Du bist noch so Jung, in deine alter war ich auch so.“
„Wer kennt der oder der Intellektuell? Niemand aber ich!“
Ich glaube nicht dass solche rhetorische Aussagen, und ich zitiere nicht alle, etwas mit Frieden oder Kapitalismuskritik zu tun haben.

Jemand hat ihn nett gefragt was ist sein politische Positionierung, und wie will er denn Frieden schaffen. Dazu hat er keine konkrete Antwort gegeben sondern wiederholt dass NATO scheiße wäre und dass er für Frieden wäre.

Im Endeffekt, was habe ich da gelernt? Das die NATO die Attentat im Oktoberfest gemacht hat. Dass BBC zum 9.11 Attentat ins Verschwörung mitgehört. Dass mensch sollte Ramstein dicht machen (ja finde ich auch gut). Dass Extremrechte Leute bringen nicht so viel Leute um wie die NATO (stimmt, aber wer in den Saal findet der NATO gut? Soll menschverstehen dass Extremrechte kein Problem unsere Gesellschaft sind?)

Also, Jebsen ist Rhetorisch sehr gut, aber Inhaltlich sehr leicht, um den Wort ‚populistisch‘ nicht zu benutzen.

Zu die Frage Verschwörungstheorie Vorwurf, antwortet er… mit ein gut Definition davon. Also, Theorien die entwickelt sind um scheinbare nicht erklärbare oder sehr komplizierte Geschehen zu erklären die mit Fakten nicht zu erklären oder schwer zu verstehen sind. Also dass heißt: mit wenig Elementen, denk mensch sich aus ein leicht identifizierbar Täter oder Täter Gruppe um Dinge zu erklären.
Also ich denke nicht dass mensch kann Frieden schaffen ohne alle Faktoren und Gruppen die involviert sind zu betrachten. Ich denke auch dass die NATO, Monsanto und die CIA viel Unsinn in der Welt schaffen und ziemlich mächtig sind, aber es gibt sehr sehr viel andere Akteure die
auch mitspielen und die nicht zu vergessen sind.

PS: Ich schreibe von meine beste Verstand, als Ausländer. Vielleicht habe ich mich ab und zu verhört. Dass ist wahrscheinlich..

— Chris Walter 13.2. 22:30 —

…. Gerade zurück von der Aktion. Heute redet Ken Jebsen in Aachen, deswegen hatte ich nen Protest angemeldet. Andere Gruppen haben Aufklärungsflyer erstellt und fleißig verteilt. Sie konzentrierten sich weitgehend auf den bei Jebsen immer wieder an die Oberfläche kochenden Antisemitismus. So hat er beispielsweise die Shoah relativiert.

Leider sind auch einige LINKE-Mitglieder zur Veranstaltung gekommen. Eben jene, die Populismus seit jeher im schlechtesten Sinne falsch verstehen: Nicht, richtige, lösungsweisende Forderungen mobilisierend zu formulieren und in den Vordergrund zu stellen. Sondern, zentrale Bestandteile aus komplexen Sachverhalten herauszunehmen – dabei ignorierend (oder bewusst hinnehmend?), dass das Ergebnis ganz und gar vom erhofften abweicht. Oft nimmt es einen reaktionären Charakter an.
Es waren aber auch einzelne kritische LINKE-Mitglieder da, die vorher auch am Protest teilgenommen hatten.
Weitere bekannte Gesichter kamen aus dem Aktivenkreis der damaligen „Friedensbewegung 2014“. Teile von ihnen sind heute als „AK Frieden jetzt!“ aktiv. Eine aus diesem Kreis war damals in der bundesweiten Mahnwachen-Koordination (und hatte bei jeder Gelegenheit beteuert, mit der Märholz-durchseuchten „Bewegung“ nichts zu tun haben zu wollen). Zuletzt hatte sie dafür gepöbelt, dass wir gegen Vergewaltigungsbefürworter auf die Straße gehen. Stattdessen sollten wir für Liebe sein. Ein weiterer aus diesem Kreis fand es lustig, dass wir uns gegen Rassismus engagieren.
Ansonsten kamen einige Bewegungslinke, wie z.B. Attac-Aktive. Ihre Kritik begrenzt sich ja schon seit immer auf die Auswüchse des „Casino-“ oder „Turbo-“Kapitalismus, da gibt es viele Überschneidungspunkte zu Jebsen & Co. Darüberhinaus gab es natürlich nicht wenige unbekannte Gesichter, der Saal war mit über 100 Menschen gut gefüllt.

Einen nicht geringen Anteil hatten vor allem jugendliche Antifaschist*innen. Es ist gut, solche Veranstaltungen kritisch zu begleiten, ebenso wie Gäste mit kritischen Flyern zu versorgen. Gut wäre es gewesen, wenn es Flyer mit linken Antworten auf die Probleme, auf die Jebsen seine Scheinantworten verbreitet, gegeben hätte. Die Klarstellung, dass Jebsen Antisemit ist, ist richtig und wichtig. Was fehlte, ist die Argumentation, dass er vollkommen systemstabilisierend wirkt. Seine Argumentation zielt auf eine angebliche „Fernsteuerung“ deutscher Politik durch die USA (oder wahlweise auch mal Israel – so zeigt ein aktuelles Bild auf seiner Website, wie Merkel wie eine Marionettenpuppe von Netanjahu gehalten wird). Das entlastet die deutsche Politik. Sie vertritt nicht US-amerikanische Interessen, sondern knallhart die des deutschen Kapitals. Deutschland ist der stärkste und oftmals aggressivste Imperialist der EU. Konflikte wie der in der Ukraine sind im Interesse und weitgehend in der Verantwortung Deutschlands (bezogen auf die Verantwortlichen auf westlicher Seite). Ebenso wie die ganzen Auslandseinsätze der deutschen Armee. Jebsen sieht darin stattdessen eine „amerikanische“ (das „US-“ vergisst er gerne) Fernsteuerung, der mit „deutscher Souveränität“ begegnet werden müsse.

Mit graut vor mehr „Souveränität“ eines Staates, der seine Armee schon heute in alle Welt entsendet.
Ein LINKE-Mitgleid und Teilnehmer unserer Aufklärungsaktion brachte es nach einer Diskussion mit einem uneinsichtigen Genossen gut auf den Punkt: „Wann kapiert ……. endlich, dass Jebsen einer „von denen“ ist?!“

Ich selber werde gleich wichtigere Dinge tun, als mir den Vortrag selber anzuhören. Ich hab nur kurz durch Fenster geschaut – der Anblick hat gereicht: Jebsen in bester Macho-Pose; breitbeinig, wild-aggressiv gestikulierend, sich in Rage redend. Schade dass nicht schon allein das ausreicht um emanzipatorisch eingestellten Menschen eine deutliche Warnung zu sein.

Zum Schluss unseres Protests gab es eine Diskussion zwischen einem Jebsen-Gast und einem vermeintlichen Antideutschen. Der geschniegelte Anzugträger argumentierte in bester konsequent-antideutscher Art mit „strukturellem Rassismus“, „verkürzter Kritik“, führte die „Verfassungsfeindlichkeit“ Jebsens als wichtiges Argument an warum er abzulehnen sei. Es gebe in Deutschland eine Demokratie mit ausreichend Möglichkeiten, sich einzubringen und alle Probleme zum besten zu wenden. Halt so demokratisch-akademische Kultur statt Mob. Irgendwann mischte ich mich ein, „outete“ mich als „Verfassungsfeind“ und zeigte auf, dass Jebsen allem voran system- (und damit problem-) stabilisierend wirkt. Wie oben ausgeführt: Weil er die Hauptfeinde auf der anderen Seite des Ozeans ortet, statt „im eigenen Land“ (wie Karl Liebknecht es formulierte). Irgendwann musste der Gast leider reingehen – und der vermeintliche Antideutsche „outete“ sich als Christdemokrat. Wobei, macht das noch einen wirklichen Unterschied?

Bekannte Neonazis sind nicht aufgetaucht.

— Heinz Richrath,  14.2.16:

…  als Besucher der Veranstaltung teile ich ihre Eindrücke. Vielleicht gehöre ich zu dem von ihnen, als interessiert und politisch nicht einschätzbar, beschriebenen Publikum.

Die Arbeit von Ken Jebsen schätze ich sehr. Herr Jebsen ist zunächst Journalist. Die Interviews und Diskussionen sind hochinteressant und unterscheiden sich wohlwollend vom Talkshoweinheitsbrei. Kommen bei Jebsen doch Leute ausführlich zu Wort, die von den Mainstreammedien aus der öffentlichen Diskussion herausgenommen werden.

Es gab fast keine Position von Ken Jebsen, die ein Linker nicht hätte unterschreiben können. Den Kapitalismus zu überwinden, kann nicht nur eine fromme Wunschvorstellung bleiben, sondern ist eine schlichte Notwendigkeit, wenn sich unserer Gattung nicht selber den Garaus machen will.

Diskussionen versacken heute in geheuchelter Empörung, wann und wo irgend jemand, irgend was gesagt hat. So vermeidet man eine Diskussion des Problems. Natürlich bietet eine solche Veranstaltung keine Plattform für tiefgreifende Diskussionen, zumal wenn ein Teil des Publikums bestenfalls über politisches Halbwissen verfügt.Immerhin war mal was los.

Ich gehöre auch zu den sogenannten Verschwörungstheoretikern. Und zwar seit Kindes Beinen.

Der Nikolaus stellte sich als Verschwörung meiner Eltern heraus. Gerne wird derjenige, der davon überzeugt ist, dass die USA einen weltweiten Krieg um Rohstoffe und Macht führen, mit Menschen in einen Topf geworfen, die daran glauben, dass Elvis noch lebt. Das Absurde, wird mit dem rational Möglichen,und auf Fakten beruhenden Zweifeln,in einen Topf geworfen.

Damit wird der „Verschwörungstheoretiker“ unglaubwürdig und bekommt das Etikett „Idiot“ auf die Stirn geklebt. Aber sollte in einer Demokratie, der Verschwörungstheoretiker nicht der gewünschte Bürger sein? Derjenige, der sich mit oberflächlichen Argumentationen nicht zufrieden gibt, der kritisch ist, der hinterfragt und fähig ist Zusammenhänge zu verstehen? Dann hoffe ich mal, dass ich ein Verschwörungstheoretiker bleibe.

Ich bedanke mich für die kritische Berichterstattung um den Auftritt von Ken Jebsen. …

—- Sylvia Gossani, 15.2.16 —

… Ich halte euren Artikel in der kraz für ausgewogen und gut auf den Punkt gebracht und kann dem eigentlich nichts hinzufügen.
Ich gehöre zu dem „interessierten, aber politisch nicht einschätzbarem“ Publikum.  Ich hatte mir im Vorfeld ein paar Videos von Ken Jebsen angesehen und verstehe die Vorwürfe gegen ihn nicht.  Seine Art braucht nicht allen zu gefallen, aber er spricht viele junge Leute an und bewirkt, dass sie sich informieren, mitdenken und für den Frieden einsetzen. Seine Formulierungen schießen manchmal über das Ziel hinaus, aber man merkt ihm an, dass er durch und durch ein Humanist ist.
Ich kann verstehen, dass er auf die ständigen Verleumdungen allergisch reagiert.  Sein Vortagsstil zeigte, wie sehr er unter Stress (+ zu viel Koffein?) stand.
Ich hatte den Eindruck, dass er den ganzen Vortrag nur für die Protestierer hielt und das restliche Publikum aus den Augen verloren hatte. Die meisten schienen schon gut informiert zu sein und hätten sich, wie ich, mehr Tiefe gewünscht. Einige freuten sich auch über den Unterhaltungswert des Schlagabtauschs auf Sandkastenniveau.
Dafür ging er im Anschluss an die Fragerunde noch sehr ausführlich und zugewandt auf weitere Fragen ein.  Dort war er gar nicht mehr polemisch, sondern sehr interessiert an seinen Gesprächspartnern.
Ich fand es schade, dass die jungen Leute nicht gesprächsbereit waren. Sie benahmen sich wie  Kinder , für die gute Sache kämpfend, aber falsch informiert. Dabei frage ich mich, wer die Verleumdungen verbreitet und warum.  Ihr Wiederholen von irgendwelchen Phrasen bestärkte bei mir den Eindruck, dass sie von irgend jemandem instrumentalisiert werden.
Ich halte Ken Jebsen für einen hochintelligenten, gut informierten Journalisten mit viel Charisma und Power, der für seine lobenswerten Ideale kämpft. Leider konnte man, außer der Power,  in diesem Vortrag diese Eigenschaften nur unter der Oberfläche bemerken. Schade. Ich würde gerne noch einmal eine Veranstaltung mit ihm in entspannterem Umfeld besuchen.
Übrigens kannte ich die kraz gar nicht …

— Thomas Woerpel, 15.02.16 um 16:54 —

… Hier noch einige Anmerkungen zum Jebsen-Artikel in der KRAZ

Zitat-1: „Er stützte sich auf folgendes Gedankenmuster: Kapitalismus braucht Gewinne, die größten Gewinne erzielt man mit Rüstung, deshalb Krieg, oder … deshalb klaut man Rohstoffe.“

Sollen wir mal sagen, dass dies „Gedankenmuster“ eher … … unterkomplex bis schlicht ist

Zitat-2: „Das alles zwar ohne sachlich-logische Struktur, sondern immer in Form von Schlagworten, aber immerhin klare Bekenntnisse zu Antimilitarismus, zu Antirassismus, zu  Antikapitalismus usw..“

Immerhin?? Solche „Schlagworte“ kann man sich an jeder Ecke abholen. Allerdings schreit einen dabei nicht auch noch einer an.

Zitat-3: „Sein extrem hohes Sprachtempo und seine große Lautstärke fördern nicht das Mitdenken, sondern erzwingt unkontrolliertes Nachfolgen – oder aber Ablehnung.“

Ich teile diese Sicht zu 100%. Wenn jemand mein „Mitdenken behindert und unkontrolliertes Nachfolgen erzwingt“, ist Ablehnung die einzige Option.

Zitat-4: „Er springt dabei zwischen den Themen hin und her. Das macht ihn für viele zum Popstar, andere widert das an, weil sie merken, dass ihre eigene Mit-Denkmöglichkeit und Kontrolle der Argumente nicht mehr gewährleistet ist.“

Stimmt! Das liegt aber nicht an meiner mangelnden Auffassungsgabe, sondern ist Stilmittel und Zweck. Es gibt nichts zu denken (nur zu Glauben) und die Argumentationsdichte war eher überschaubar. Mal abgesehen davon, impliziert dieser Satz, dass die die auf ihn abfahren, mit mangelnder „Mit-Denkmöglichkeit und Kontrolle der Argumente“ offensichtlich erschreckend wenig Problem haben. Alle Achtung – da liegen wir doch ganz nah beieinander.

Zitat-5: „Er verwendet systematisch Polemik und Provokation, um sich so gegen seine Kritiker zur Wehr zu setzen.“

Stimmt ebenfalls und ich hoffe, dass dies nicht auf seiner Haben-Seite verbucht wird.

Zitat-5: „Zu einigen Vorwürfen macht er eindeutige Rücknahme von div. Formulierungen. Er benennt explizit eigener (frühere) Aussagen als Fehler, weil er ‚damals politisch noch unerfahren und keine Kenntnis der politischen Codierung bestimmter Begriffe hatte‘. Ausdrücklich distanziert er sich auch von seiner früheren (kurzen?) Zusammenarbeit mit Jürgen Elsässer.“

Na dann ist ja alles wieder gut – er hat also erst spät mit dem Denken begonnen – sollte aber vielleicht noch etwas länger üben bevor er in die Öffentlichkeit geht. Denn was er in der EKiR abgesondert hat sind unzusammenhängende Statements in argumentationsfreier Rede . Wie steht es denn mit der Nachsichtig, wenn sich „politische Gegner“ für ihr „Geschwätz von gestern“ entschuldigen.

Und dennoch zeichnet Ihr in Eurem Artikel insgesamt eine erschreckend wohlwollendes Bild

  • „… aber immerhin klare Bekenntnisse zu Antimilitarismus, zu Antirassismus, zu Antikapitalismus“
  • „Er greift kristallklar die Kriegstreiberei an. Er benennt eindeutig die Verursacher: die westlichen kapitalistischen Staaten!“
  • „… macht er eindeutige Rücknahme von div. Formulierungen. Er benennt explizit eigener (frühere) Aussagen als Fehler,“
  • „…  ob er den Vorhersagen … entsprechend kräftig Unsinn erzählen würde … Einen Tag später würde ich sagen: Nichts von alledem!“

Mich würde interessieren, wie sich Eure Kritik – z.B. “ fördern nicht das Mitdenken, sondern erzwingt unkontrolliertes Nachfolgen“ – gelesen hätte, wenn das der „Vortrag“ eines politischen Opponenten gewesen wäre.

— Ronny Seiler 15.02, 23:00 —

… ich gehöre zur Gruppe derer, die schon länger mit der Arbeit von Ken Jebsen vertraut sind und sein Medienportal KenFm regelmäßig frequentieren und unterstützen.  Die Kritik am Vortragsstil wurde eingehend beschrieben, ich kann sie nachvollziehen und kann verstehen, was daran stört.
Ich möchte zur Entlastung Hr. Jebsens allerdings auf zwei Umstände hinweisen:

  • Wie im Artikel schon erwähnt gab es vor, direkt zum Start und dann immer wieder während des Vortrages selber komplett unsachliche und persönlich beleidigende Vorwürfe und Zwischenrufe.
    Das man dadurch schonmal grundsätzlich nicht die friedlichste „Stimmung“ im Saal oder den beteiligten Personen hat, sollte klar sein. Wenn das von der AntiFa so geplant war, muss man das als Erfolg werten: Es wurde von Anfang an eine Stimmung erzeugt, die einen Hr. Jebsen sofort in den Kampfmodus gebracht hat.
  • Darüber hinaus sind angesetzte 30 Minuten reiner Vortrag gemessen an der Komplexität der Materie von Anfang an nur gedacht als grober Überblick. Ein Springen von Hauptthema zu Hauptthema, Hauptsatz, Schlagwort, Zwischenruf, Gegenrede, neues Thema, zackzack. Die daraus entstandene, vermeintliche Oberflächlichkeit, ist aber in erster Linie auf das zur Verfügung stehende Zeitfenster und die beschriebene Stimmung vor Ort zurückzuführen.

Es war durch beide Umstände der Straßen-Demo-Modus aktiviert und erfordert und der klingt in einem geschlossenen Raum vor bedächtig lauschen wollendem Publikum eben äußerst befremdlich.

Die meisten, die sich hier erschrocken über die Vortrags Art und Weise äußern, sollten sich, das wäre meine Empfehlung, lieber auf andere Formate mit Jebsen fokussieren.
Als da wären seine 1:1 Interviews oder die Diskussionsrunde „Positionen“.
Dort findet man den Journalisten Jebsen mit Experten zu verschiedenen Themen in einem komplexen Gespräch vertieft.

Jebsen polarisiert, da kann man nicht gegen andebattieren. Und er bemüht sich auch gar nicht erst gemocht zu werden. Ich mag das, weil er, anders als es einige hier versuchen dem Unkundigen weiszumachen, ein sehr belesener und gut informierter Journalist ist, der seine Emotionen nicht so im Griff hat, wie wir es gerne haben, nachdem in der ARD der Tatort schon anstrengend genug war.

Jebsen ist ein klarer Gewinn für die Friedensbewegung, für die Diskussionskultur und das beste Mittel für ein Erstarken politischen Interesses auch in einer jüngeren Zielgruppe. Deshalb muss man dem ev. Bildungswerk danken, Hr. Jebsen überhaupt eingeladen zu haben, wohlwissend, dass man sich Sprengstoff ins Haus holt.

Es werden hier KEINE weiteren Leserbriefe veröffentlicht.

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