Kommodore von Atombomberpiloten auf Podiumsdiskussion
10. Juli 2025 | Veröffentlicht von Starosta, Rudolf, Ein KommentarBericht einer Podiumsdiskussion
… mit dem Kommodore der Atombomberpiloten in Büchel am 2.7.2025.
Die Veranstaltung beginnt mit leichter Verspätung um 18:45 Uhr, während draußen eine Sturmfront über Düren fegt. Passend zum Thema der Nuklearen Abschreckung. Hingegen ist im Saal die Stimmung sehr friedlich. Etwa 40 Menschen sind der Einladung gefolgt und weitere 10 Personen haben sich online dazugeschaltet.
Auf dem Podium von links nach rechts:
- Gerold König, Bundesvorsitzende pax christi
- Matthias Engelke, Moderation , Internationaler Versöhnungsbund
- Vera Schellberg, Moderation, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Düren
- Samuel Mbassa, Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33
- Angelika Claußen, Präsidentin IPPNW Europa
Zuerst wird das Grußwort des Bürgermeisters von Düren verlesen (siehe Anhang).
Ist Angst ein zuverlässiger Berater?
Ausgehend von der Frage in der Einladung, ob Angst ein zuverlässiger Berater ist, folgen diverse Fragen
– nach dem Nutzen von Abschreckung,
– was passiert, wenn es zum Einsatz von Atomwaffen kommt,
– welche Maßnahmen nötig sind, um nukleare Abschreckung überflüssig zu machen, und
– welche konkreten Schritte die Podiumsteilnehmer sehen, um aus der Abschreckungslogik aussteigen zu können.
Die einzelnen Positionen
Gerold König verweist insbesondere darauf, dass die NATO Russland in allen Waffengattungen weit überlegen ist. Er betont den christlichen Auftrag mit der Hochrüstung aufzuhören und Wege zu finden, um wieder in einen Dialog mit Russland zu treten. Was heute in Gaza passiert, ist für ihn klar völkerrechtswidrig und er wundert sich, wie schwer es der deutschen Regierung fällt, das einzugestehen. Er fordert, wie auch Angelika Claußen, dass Deutschland dem internationalen Atomwaffenverbotsvertrag beitreten möge.
Samuel Mbassa sieht sich selbst als Ausführenden. Die Verantwortung für Militarisierung und steigende Bundeswehrbudgets sieht er bei der Regierung. Er ist sich mit allen einig, dass Krieg unbedingt vermieden werden sollte, und erinnert daran, dass nukleare Abrüstung von den Atommächten zu leisten sei, zu denen Deutschland nicht gehört.
Auf die Frage hin, ob nicht jeder Einsatz von Atomwaffen automatisch mit einem atomaren Gegenschlag beantwortet werde, verneint er einen Automatismus. Er erklärt, dass diverse Szenarien durchgespielt werden und die Art und Weise einer geeigneten Antwort situationsbedingt entschieden werde.
Angelika Claußen erläutert aus ärztlicher Sicht, dass bei Abwurf einer Atombombe über Berlin 25.000 sofort sterben und 47.000 schwere Brandverletzungen davontragen. Das heißt, es wird keine auch nur annähernd ausreichende ärztliche Versorgung möglich sein.
Sie berichtet von ihren Bemühungen, das Thema Abrüstung auf die Agenda der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu bekommen, und resümiert, dass sich derzeit ein Wandel in der Gesellschaft vollzieht, dass Waffen und auch ihr Einsatz für die Sicherheit Deutschlands als notwendig betrachtet werden. Sie plädiert dafür, mehr Anstrengungen zu unternehmen, um internationale Verträge zur Rüstungskontrolle abzuschließen.
Diskussion
Zum Ende der Veranstaltung wird auch das Publikum in die Diskussion mit einbezogen.
Eine Teilnehmerin, die extra aus Büchel angereist ist, sieht in den Profiten, die Firmen mit der Herstellung von Waffen erzielen, eine Ursache für die zunehmende Militarisierung. Sie fordert, die Rüstungsbetriebe zu verstaatlichen und unter demokratische Kontrolle zu stellen.
Gegen 20:20 Uhr endet die Veranstaltung.
Nachtrag zu der Berichterstattung
leider nutzt das Medienhaus Aachen seine Monopolstellung unverhohlen aus, indem Themen verschwiegen werden. Stellt man den Chefredakteur zur Rede wird man systematisch angelogen:
- erst hieß es: macht eine Veranstaltung und ich berichte persönlich
- dann: ich kann nicht kommen, aber ich schicke jemand
- jetzt ist niemand gekommen und berichtet wird auch nicht
Darüber sollten sich alle klar sein, die Zeitungen aus dem Verlag beziehen.
Als Anlage: Grußwort von Frank Peter Ullrich, Bürgermeister der Stadt Düren
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der Friedensgruppe Düren, sehr gerne habe ich die Schirmherrschaft über die heutige Podiumsdiskussion übernommen. Aufgrund der parallel stattfindenden und von mir geleiteten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Stadt Düren kann ich die spannende Diskussion leider nicht persönlich erleben.
Ich danke der Friedensgruppe Düren ganz besonders für diese Veranstaltung, die eine der größten ethischen Fragen unserer Zeit erörtert. Die nukleare Abschreckung wirft tiefgreifende ethische Fragen auf, da sie auf der Drohung mit der gegenseitigen Vernichtung.
Die ethischen Diskussion umfasst die Rechtfertigung des Besitzes von Atomwaffen, die Drohung mit deren Einsatz, die katastrophalen Folgen eines Atomkriegs und die Frage, ob eine solche Politik mit grundlegenden moralischen Prinzipien vereinbar ist.
Die nukleare Abschreckung beruht auf der Fähigkeit, einen Gegner mit Atomwaffen zu vernichten. Dies beinhaltet die Drohung mit einem Massenmord, was sicherlich als unmoralisch angesehen werden kann. Ein Atomkrieg würde nicht nur die Konfliktparteien, sondern auch unbeteiligte Zivilisten und zukünftige Generationen unvorstellbar stark schädigen. Die ethische Frage ist, ob es moralisch vertretbar ist, ein solches Risiko einzugehen, selbst wenn der Einsatz der Waffen tatsächlich nicht geplant ist.
Es stellt sich auch die Frage, ob die Drohung mit Atomwaffen überhaupt glaubwürdig ist. Könnte ein Staat wirklich den Einsatz von Atomwaffen in Erwägung ziehen, mit all seinen katastrophalen Folgen? Dies ist ein wichtiger Aspekt der Debatte, da die Abschreckung nur dann funktioniert, wenn der Gegner die Bereitschaft zum Einsatz glaubt.
Die ethische Debatte um die nukleare Abschreckung beinhaltet auch die Frage nach Alternativen.
Gibt es friedensethisch vertretbare Wege, um Sicherheit zu gewährleisten, die nicht auf der Drohung mit Massenvernichtung beruhen? Die Debatte ist komplex und vielschichtig, da sie sowohl politische, strategische als auch moralische Aspekte umfasst. Die Frage, ob nukleare Abschreckung eine moralisch vertretbare Politik ist, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.
Leser haben Ein Kommentar hinterlassen.
Die Vertreter_innen der der katholischen Kirche nahestehende organisation Pax Christi scheinen da eine unzulässige Psychologisierung des Prinzips der gegenseitigen Abschreckung mit Atomwaffen vorzunehmen.
Die Existenz von Arsenalen nuklearer Waffen mag zwar „Angst“ in der Bevölkerung erregen; es sind aber nicht die Bevölkerungen, die ihren Einsatz entscheiden; nicht die Bevölkerungen in ihrer „Kriegslüsternheit“ sollen eingeschüchtert werden: die Möglichkeit eines strategisch entscheidenden Gegenschlags im Kriegsfall soll nicht allein den Einsatz nuklearer Waffen, sondern bereits die konventionelle Kriegsführung zwischen den betroffenen Mächten verhindern, da die ultimative Möglichkeit der eigenen Vernichtung eine konventionelle Kriegsführung sinnlos macht, indem ein Sieg ausgeschlossen ist.
Das Spiel mit der „Glaubwürdigkeit“ der Bedrohung durch Atomwaffen stellt in Wahrheit eine eskalierende Geste dar, ist tatsächlich nichts anderes als eine Provokation von Angst, ja selbst eine Drohung: nämlich die „Probe aufs Exempel“ machen zu wollen. Zunächst eine Bedrohung der Bevölkerung des gegnerischen Staates, aber in der Folge auch der Bevölkerung, der dieses Spiel zunächst aufgeführt wird.
Die Forderung eines Atomwaffenverbotsvertrags – da ist dem an der Diskussion beteiligten „potentiellen Mörder“ durchaus zuzustimmen – ist eine die wirklich nur von atomar bewaffneten Mächten umgesetzt werden kann und zwar effektiv militärisch-konventionell wie der israelische Staat es zuletzt umzusetzen versuchte, solange der angegriffene Staat nicht selbst ein entsprechendes Vernichtungspotential vorweisen kann.
Kurz: Die Logik des sogenannten Atomwaffenverbotsvertrags gibt aktuell dem israelischen Staat Recht. Durchaus eine legitime Position, aber vielleicht keine besonders pazifistische.
Pax Christi sollte vielleicht weniger heucheln, nicht allein um Vorurteilen gegen die Katholische Kirche entgegenzuwirken, sondern einer allzu starken Verzerrung des Diskurses mit Mitteln des Weihrauchs.
Bitte bleibe mit Deinen Kommentaren sachlich und respektvoll.
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