Justizvollzugsanstalt solidarisch mit einer Anti-Atom-Aktivistin?

5. April 2016 | Veröffentlicht von Aktionsbündnis gegen Atomenergie Aachen / ws, Keine Kommentare

Justizvollzugsanstalt solidarisiert sich mit Anti-Atom-Aktivistin?

Die Aktivistin Cécile Lecomte wurde 2013 wegen einer Anti-Atom-Aktion zu einem Bußgeld von 20 Euro verurteilt. Da sie sich weigerte, dies zu bezahlen, erhielt sie eine Ladung zum Haftantritt zur Erzwingungshaft in der JVA Hildesheim. Als sie heute Vormittag gegen 10 Uhr ihre eintägige Haft antreten wollte, wurde ihr überraschend mitgeteilt, das Bußgeld sei bereits bezahlt [1]

worden, sie müsse nicht in die JVA. Erst auf wiederholte Nachfrage wurde ihr schließlich mitgeteilt, wer das Bußgeld übernommen hatte: Zum großen Erstaunen der anwesenden Aktivist*innen war es die Hauptstelle der JVA in Vechta selber.

Für eine Welt ohne Knast und Strafe

„Wir finden: Das ist ein guter Anfang. Wir fordern sämtliche JVA auf, in Zukunft alle Bußgelder zu übernehmen“ so eine der Unterstützerinnen. „Strafe als Konzept zum Umgang mit unerwünschtem Verhalten ist kontraproduktiv, insbesondere Haftstrafen erzeugen und verschärfen Probleme, anstatt irgendwem zu helfen. Zweck ist schlicht die Aufrecherhaltung der staatlichen Ordnung, wir hingegen setzen uns ein für eine Welt ohne Knast und Strafe“.

Eine richtige Zahlung – aber vermutlich aus falschen Gründen?

Die Aktivist*innen gehen jedoch davon aus, dass die JVA Vechta das Bußgeld nicht aus grundsätzlich straf- oder haftkritischen Gründen übernommen hat, sondern weil der Vorgang ihnen zu nervig war: Die Angestellten der JVA sowie am zuständigen Gericht in Dortmund mussten sich mit zahlreichen Anträgen und solidarischen Anrufen beschäftigen. Wer bei der JVA Vechta konkret im Endeffekt die Entscheidung getroffen hat, das Bußgeld zu bezahlen und der Justiz Nordrhein-Westfalen die 20 Euro zu überweisen ist bisher nicht bekannt.

Was heisst das formaljuristisch?

Formaljuristisch wirft dieser Vorgang zahlreiche Fragen auf: Auf welcher Rechtsgrundlage und aus welchem Budget wurde das Geld aus Niedersachsen nach NRW überwiesen? Wer trägt die Verantwortung für diese Entscheidung? Wie steht es um das Rechtsstaatsverständnis der JVA Vechta, wenn sie sich weigert eine durch eine anderes Bundesland verhängte Erzwingungshaft zu vollstrecken, indem sie eine in NRW verhängte Strafe selbst zahlen?

Die Aktivist*innen hingegen bereiten sich auf weitere Aktionen vor: In den kommenden Tagen rechnen sie erneut mit Atomtransporten, denen sie sich wieder auf die eine oder andere Weise in den Weg stellen wollen.

Weitere Informationen:

Zu Repression gegen Anti-Atom-Aktive und den Hintergründen dieses konkreten Falls: www.nirgendwo.info
Zu den anstehenden Atomtransporten und Aktionen dagegen:

  • www.urantransport.de
  • www.atomtransporte-hamburg-stoppen.de

Für Rückfragen: Cécile Lecomte 01601796531

—-
[1] hier ihr Schreiben von heute Vormittag:

Moin

hier ist die Cécile, ich sitze doch nicht im Knast…. so skurril es
klingen mag: ich war heute pünktlich bei der JVA Hildesheim und die
wollten mich nicht haben. Ob ich zu nervig für den Knast bin? Keine
Ahnung. Aber ich muss nicht in den Knast weil das Bußgeld schon bezahlt
wurde – und zwar: von der Justizvollzugsanstalt für Frauen  Vechta
selbst!!!! Die JVA  hat an das die StA NRW das Geld überwiesen (20
Euro). Dies habe ich heute erfahren als ich mich „gestellt“ habe. Das
„ach sie sind die Frau Lecomte“, so mit einem Ton à la „oh neee, die
nicht“ und dann die Ansage das ist schon bezahlt. und auf nachfrage
durch wen denn, die Antwort hieß die JVA Vechta , ich habe den
Überweisungsbeleg erhalten. das belegt dass bezahlt wurde.

Mehr kommt in einer Pressemitteilung wie wir gerade schreiben und auf
meinem Blog dann etwas später.

Ihr müsst nicht mehr bei der JVA nach mir fragen, bin ja draußen 🙂

Amüsierte verwirrte Grüße

Cécile

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