FÜR Whistleblowing – gegen Überwachugsstaat

27. Juli 2013 | Veröffentlicht von Walter Schumacher / hr, Keine Kommentare

Donner-Unwetter-Hagel-Regen – und Sonnenschein

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Update 29-7-13; Etwa 130 Menschen beteiligten sich am Kugelbrunnen Aachen an der Kundgebung „Für Whistleblowing – gegen Überwachungsstaat“ im Rahmen des Internationalen Aktionstag #StopWatchingUs. Es gab Redebeiträge von attac, SPD, Linkspartei, Grüne, Piraten und AKB-AC.
Als ob sich die Herrschenden mit dem Wetter hätten verbünden können, war exakt zum geplanten Termin um 12 Uhr „Unterstellen“ statt „Kundgebung“ angesagt. Aber kurze Zeit später schien die Sonne wieder.

Und trotz der schlechten Wetterprognosen waren viele UnterstützerInnen gekommen. Darunter ein hoher Anteil junger Leute, die bei sonstigen Anti-Kriegs-Demonstrationen normalerweise nicht erreicht werden.
DSCF0084.jpgAls sich von dort anschließend ein Demonstrationszug bildete und zum Mark lief, wuchs die Menge auf ca. 180 Personen an.
Zum Abschluss der Demo wurde am Markt ein großer Kreis gebildet, nochmals an die Solidarität für die Whistleblower erinnert und dann alle verabschiedet.
Danach bestand die Möglichkeit, sich 1000 Wasser-Eis-Portionen am nahen Stand der Piraten-Partei abzuholen: Wie nützlich doch die ökonomischen Reserven von parlamentarischen Parteien bei großer Hitze sein können!

Veranstalter war das o.g. Bündnis – NICHT die Piratenpartei

Entgegen der Falschmeldung der AN/AZ war NICHT die Piraten-Partei, sondern das o.g Bündnis Organisator der Kundgebung&Demo. Die Piratenpartei war – ebenso wie SPD, GRÜNE und Linkspartei – eingeladen worden, ihre Positionen zum Thema vorzutragen!

DSCF0081.jpgSPD & Grüne verschweigen ihr Verantwortung für den Überwachungsstaat

Die Positionen aller Parteien waren – mit deutlich unterschiedlichen Betonungen – sehr kritisch zur Überwachung. Bei SPD und Grünen fehlte aber völlig ein Bezug zur eigenen Verantwortung ihrer Parteien an diesem Schnüffel- und Überwachungsstaat. Die Form dieser Veranstaltung bot leider keine Möglichkeit, kritische Nachfragen zu stellen und die Widersprüchlichkeit zwischen Kundgebungs-Vortrag und der konkreten Verantwortung der jeweiligen Parteien für die ZuhörerInnen sichtbar zu machen.

Zum Schluss der (offenbar unvermeidliche) Hinweis auf unsere „demokratischen Aachener Medien“

Die AN/AZ waren frühzeitig von dem Bündnis über die Veranstaltung informiert worden. Abgesehen von dem (fehlerhafte, tendenziösen) Hinweis im Veranstaltungskalender auf eine „Veranstaltung der Piratenpartei“ gab es keine Meldung für die Leserschaft. Hier wiederholte sich das Verschweigen von demokratischen Veranstaltungen (siehe kraz hier).

Update: am Montag gab es erstmals Meldungen über dieses lokale Ereignis in den AN und der AZ.

Es gab Beiträge von div. Organisationen, die teilweise im Anhang dokumentiert sind:

  • Eva Renner, attac
  • Ulla Schmidt, SPD
  • Andrej Hunko, Partei Die LINKE
  • Mittelstett, Grüne Partei
  • Patrick Schiffer, Piratenpartei
  • Walter Schumacher, Anti-Kriegs-Bündnis-Aachen

Hier folgen die bisher schriftlich vorliegenden Redebeiträge der Kundgebung:

 

— Eva Renner, attac —

Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten.
Es tut mit leid, dass ich meinen Redebeitrag mit diesem unsäglich Satz beginne. Ich kann diesen Satz nicht mehr hören. Ihr wahrscheinlich auch nicht mehr. Dennoch möchte ich heute über genau diesen Satz sprechen.
Dieser Satz steht symbolisch für das, was gerade passiert. Bzw. für das, was bereits seit einigen Jahren in unser Gesellschaft vor sich geht.
Nach dem 11. September wurde offiziell der Krieg gegen den Terror verkündet. Seit dieser Zeit schüren Politiker und Eliten eine Angst vor der sogenannten terroristischen Bedrohung, die ihresgleichen sucht.
Dieser War on Terror ist bezeichnender Weise kein Krieg gegen einen konkreten Feind, sondern ein Krieg gegen ein Phänomen. Er ist also metaphysisch. Der Feind ist nicht greifbar. Der Krieg richtet sich quasi gegen das Böse an sich. Er ist wie ein Perpetuum Mobile. Er wird niemals enden, weil das Böse niemals besiegt werden kann.i
Mit dieser immerwährenden, schwelenden Gefahr gelingt es den Mächtigen dieser Welt leise und Schritt für Schritt unsere Gesellschaft zu transformieren.
Mit der Totalüberwachung unserer Kommunikation wird unsere Gesellschaft in ein vorsintflutliches Zeitalter zurückgeführt.
Obwohl die Freiheit dem Menschen angeboren ist, musste sie hart erkämpft werden. Menschenrechte, Bürgerrechte und politische Rechte erkämpften mutige Menschen mit viel Schweiß und noch mehr Blut. Diese Rechte sind nicht selbstverständlich und dennoch essentiell.
Sie sind kein Bonus, keine Prämie, kein dreizehntes Monatsgehalt.
Und hier liegt eines der wichtigen Missverständnisse über die ich heute sprechen möchte: Menschenrechte und Bürgerrechte sind kein Geschenk der Obrigkeit oder des Staates. Sie sind kein Geschenk, das uns großzügigerweise gewährt wird und das wieder zurückgenommen werden kann, wenn vermeintliche historische Notwendigkeiten es erfordern.
Freiheit ist ein Grundzustand der Natur. Freiheit geht dem Staatsverständnis voraus.
Doch im Angesicht der immer lauernden Gefahr des Terrorismus sind die Menschen bereit, diese Rechte aufzugeben, weil sie glauben, sie hätten nichts zu befürchten.
Und hier liegt das zweite wichtige Missverständnis. Denn jeder von uns hat etwas zu befürchten. Jeder Mensch der frei denkt und jeder Mensch, der Kritik an diesem System übt, kann zum Terroristen werden.
Ein Terrorist ist kein gewöhnlicher Krimineller. Für ihn gelten nicht die Rechte, die für einen normalen Kriminellen gelten. Ein Terrorist ist ein Mensch ohne Rechte, er kann festgenommen werden, wann und wo immer die Exekutive möchte. Er braucht keinen Anwalt und keine Gerichtsverhandlung. Er braucht auch keine menschliche Behandlung während der Haft sondern kann ruhig gefoltert werden, ohne das irgendjemand Rechenschaft dafür ablegen müsste.
Aber wer bestimmt eigentlich, wann ein Mensch ein gewöhnlicher Krimineller und wann ein Terrorist ist?
Wer Terrorist ist, bestimmt nicht das demokratische Regulativ. Wer Terrorist ist, bestimmen die Kriegsherren und Generäle, die Politiker und Mächtigen dieser Erde. Kranke Männer und Frauen, die von Egozentrik, Paranoia und Psychosen angetrieben werden.
Julian Assange wird in einem Kinderbuch als Terrorist neben Gaddafi und Sadam Hussein genannt und abgebildet. Ich wiederhole in einem Kinderbuch. Die Fotos dieser Terroristen können herausgedrückt werden. Auf der Rückseite steht jeweils, wann sie geboren wurden und welche Verbrechen sie begangen haben. Damit können die Kinder dann Quartett spielen.
Julian Assange hat wie viele andere Menschen Wahrheiten ausgesprochen, die den mächtigen Imperialisten dieser Welt nicht passen. Allein das macht Menschen wie ihn, Menschen wie Edward Snowden, Bradley Manning, Aaron Swartz, Jeremy Hammond und viele andere zu Terroristen.
Und es wird nicht mehr lange dauern, bis immer mehr Menschen in die Kategorie „Terrorist“ eingeordnet werden. Es wird die Zeit wieder kommen in der Linke, Künstler, Freidenker und Intellektuelle willkürlich verhaftet und verschleppt werden. Es wird die Zeit kommen, in der Menschen, die sich mit Alternativen zum kapitalistischen System oder zur repräsentativen Demokratie beschäftigen, automatisch zu Verdächtigen werden. Und es wird die Zeit kommen, in der jeder als Terrorist gilt, der nicht mit dem Mainstream schwimmt.
Die Totalüberwachung unserer Kommunikation ist dabei nur eine kleine Annehmlichkeit für die Mächtigen, um solche „Terroristen“ leicht ausfindig zu machen.
Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren, wusste schon Benjamin Franklin.
Die Mächtigen stellen uns vor die Wahl.
Freiheit ODER Sicherheit – als gäbe es kein Dazwischen – als müsste unsere Freiheit eingeschränkt werden, damit wir sicher leben können.
Doch das ist natürlich gelogen. So wie alle Kriege auf dieser Erde das Ergebnis von Lügen waren, ist auch dieser Krieg das Ergebnis einer Lüge.
Weder gibt es nur die Wahl zwischen Freiheit oder Sicherheit, noch ist das ein Krieg gegen den Terror. Was hier gerade passiert ist ein Krieg gegen die Bürger. Es ist ein Krieg der Mächtigen gegen den Einzelnen.
Viele Menschen glauben an den vielbeschworenen Klassenkampf. Viele Menschen glauben an einen Kampf zwischen Arm und Reich. Andere glauben noch immer an den Kampf zwischen Rechts und Links.
Julian Assange glaubt nicht daran. In seinen Essays zeigt er uns vielmehr in welchem Kampf wir uns wirklich befinden: der elementare Kampf unserer Zeit findet statt zwischen dem Individuum und den Institutionen. Es sind die erschaffenen und erstarkten Institutionen – sowohl privater als auch öffentlicher Natur – die einen Kampf gegen jeden einzelnen Bürger führen.
Sicherheit und Freiheit soll durch Krieg für uns errungen und bewahrt werden. So sagen sie. Doch Sicherheit und Freiheit entstehen nicht durch Konfrontation. Sicherheit und Freiheit entstehen allein durch Kooperation.v
Wir entscheiden uns für Kooperation.
Um unsere Sicherheit geht es bei diesem Krieg nicht. Bei diesem Krieg geht es allein um die Sicherheit der Mächtigen und der Aufrechterhaltung des Systems. Frau Merkel, Herr Obama, Herr Cameron – wir haben euch durchschaut. Wir glauben eure Lügen nicht und wir werden diese Totalüberwachung nicht dulden.

Dieser Redebeitrag ist im Wesentlich inspiriert durch die Bücher
Juli Zeh/Ilija Trojanow: Angriff auf die Freiheit (2009) und
Frank Schirrmacher: Ego – Das Spiel des Lebens (2013)
sowie sämtlichen Reden und Essays von Julian Assange, die hier dokumentiert sind: http://ffmfowl.de/RedenundEssays

 

— Andrej Hunko, MdB, Partei die Linke —

Liebe …
wir sind heute zusammen gekommen, um ein Zeichen gegen den Überwachungsstaat und für die Solidarität mit den Whistleblowern zu setzen. In Aachen und weltweit. Denn beides gehört zusammen: Nur durch die mutigen Enthüllungen von Leuten wie Julian Assange, der die Enthüllungsplattform Wikileaks geschaffen und seit über einem Jahr in der ecuardorianischen Botschaft in London festsitzt, wie Bradley Manning, der ungeheuerlich Kriegsverbrechen der US-army im Irak aufgedeckt hat und gegen den gerade der Prozess in einem Militärgericht gemacht wird und wie Edward Snowden, der die gigantischen weltweiten Überwachungsprogramme Prism und Tempora aufgedeckt hat und seitdem gejagt wird und am Moskauer Flughafen festsitzt – nur die durch ihre mutigen Taten wissen wir überhaupt von diesen Dingen und sagen erst einmal: Danke Julian, danke Bradley, danke Edward und danke all den anderen Whistleblowern, die weniger bekannt sind. Wir fordern Schutz und gesellschaftliche Anerkennung für Whistleblower, statt Verfolgung und Bestrafung!

Liebe Freundinnen und Freunde, ich teile völlig, was die Journalistin Juli Zeh vorgestern in einem Kommentar für das ZDF-Nachrichtenportal „Heute“ sagte: „Was wir hier erleben ist ein Angriff auf unsere Verfassung von historischem Ausmaß.“ Und ich füge hinzu: Es wird sehr stark von der bewussten Öffentlichkeit abhängen, ob dieser Angriff erfolgreich sein wird oder nicht, von der Öffentlichkeit hier in Deutschland, in Europa, in den USA und weltweit. Es wird davon abhängen, ob diejenigen, die die ungeheuerlichen Vorgänge bagatellisieren und die Whistleblower ausliefern wollen an Einfluss verlieren, allen voran die deutsche Bundesregierung mit ihrem Innenminister Friedrich, aber auch SPD-Innenexperte Wiefelspütz, der mit Blick auf Edward Snowden sagte: „Ich kann nicht erkennen, dass dieser Mann politisch verfolgt wird.“ Lasst uns alles dafür tun, dass nach dem 22.September die Verharmloser politisch geschwächt dastehen.
Lieber Freund/innen und Freunde, das Thema Wistleblower und Überwachung hat mich in der vergangenen Legislatur im Bundestag und Europarat immer wieder beschäftigt: Ich habe im Dezember 2010, als Julian Assange verhaftet wurde, als die Webseiten von wikileaks gesperrt wurden und Konten gesperrt wurden als erster Abgeordneter im Bundestag Webspace für Wikileaks mit einer öffentlichen erklärung zur Verfügung gestellt. Ich habe 2011 einen Antrag für ein Whistleblower-Schutzgesetz meiner Fraktion initiiert und vor wenigen Wochen im Europarat erfolgreich eine Motion eingebracht, die ein Zusatzprotokoll zur EMRK fordert, das mögliche künftige europäische Whistleblowers wie Edward Snowden oder Bradley Manning unter den expliziten Schutz der EMRK stellt. Zudem habe ich hunderte Anfragen an die Bundesregierung gestellt, mit vielen kleinen Erkenntnisgewinnen, u.a.. auch die Interessen der vielen privaten Unternehmen, die von der Entwicklung von Überwachungssoftware profitieren, darunter auch eine Aachener Firma. Auch diese Interessen und Verflechtungen dieser „Sicherheitsindustrie“ müssen aufgeklärt werden.
Aktuell habe zwei kleine Anfragen zum Thema an Friedrich auf den Weg gebracht. Bei der einen geht es um „Neuere Formen der Überwachung der TK durch Polizei und Geheimdienste“. Bei der anderen geht es um „PRISM“. Hintergrund ist, dass die Bundesregierung bzgl. PRISM Überraschung und Ahnungslosigkeit demonstriert, obwohl wie inzwischen davon ausgehen müssen, dass Bundesregierung und BND stark involviert sind. Um diese Ahnungslosigkeit zu demonstrieren, hat das Bundesinnenministerium noch im Juni einen Brief mit vielen guten Fragen an die us-amerikanische Botschaft und an die beteiligten Firmen (Yahoo, Microsoft, Google, Facebook, Skype AOL, Apple und Youtube) Über Antworten ist nichts bekannt. U.a. frage ich auch, ob die Bundesregierung die Aussage von Friedrich teilt, dass es ein „Supergrundrecht“ auf Sicherheit gäbe. Die Antworten erwarte ich Ende August, man darf gespannt sein. Ich kann jedenfalls sagen: Wir definieren Sicherheit völlig anders als Herr Friedrich und wir erkennen auch kein vermeintliches Supergrundrecht an, dass die anderen Grundrechte ausschaltet.

Lasst mich zum Schluss noch einen Aspekt ansprechen, der mir in der öffentlichen Debatte viel zu kurz kommt: Die Herausbildung eines weltweiten Überwachungsstaates ist Teil des Projekts der NATO-Staaten unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung weltweit kriegsführungsfähig zu sein. Die Überwachung der eigenen Bevölkerung ist notwendiger Bestandteil dieses Projektes. Deshalb ist für mich der Einsatz gegen diese Überwachung auch Teil des Kampfes gegen die Militarisierung der Gesellschaft, die damit zwangsläufig einhergeht. Davon profitieren die Rüstungs-und Sicherheitsindustrie und die Geheimdienste, auf der Strecke bleiben Demokratie und Rechtsstaat. Deshalb ist es gut, dass wir hier zusammen gekommen sind. Lasst uns das als Auftakt betrachten, wir werden hier in der nächsten Zeit noch viel zu tun haben.

Andrej Hunko, www.andrej-hunko.de

 

— Patrik Schiffer, Piratenpartei —

==> als Youtube-Film !

 

— Walter Schumacher, Anti-Kriegs-Bündnis-Aachen —

Heute geht es um Whistleblower, um

  • das was sie aufdecken,
  • wie sie diese Aufdeckung gemacht wurde
  • welchen Preis mancher dafür bereit war zu bezahlen, wenn er diese Aufdeckung gemacht hat

Ich spreche heute über Manning Bradley

durch seine Infos ist wikileaks und auch Assange erst richtig bekannt geworden.
Er hat die die schmutzigen Wahrheiten der Kriege im Irak und in Afghanistan ans Licht gebracht. Er hat Dokumente über die Schweinereien in den Gefängnissen Guantanamo und Abu Grahib veröffentlicht.
US-Militärs verachten ihn dagegen als Verräter.
Für die US-Regierung wurde die Enthüllungen von Manning Bradley zum Informations-GAU.

Wer ist dieser Mann?

  • seine Familiengeschichte:

Bradley E. Manning (*) ist US-Bürger, besitzt aber auch die britische Staatsbürgerschaft. Er ist freiwilliger Soldat der US-Streitkräfte im Rang eines Obergefreiten.
Er wurde 17.12.1987 in Crescent, Oklahoma geboren. Als er 13 Jahre alt war, trennten sich die Eltern und seine Mutter nahm ihm mit nach England. Nach großen Schwierigkeiten zog Manning als 17-Jähriger zum Vater zurück in die USA. Er bekam dort einen Job, wurde nach 4 Monaten wieder arbeitslos. Danach hatte er nur noch einige Gelegenheitsjobs. Aufgrund seiner exzellenten Fähigkeiten im Umgang mit Computern verknüpft mit großen Schwierigkeiten im sozialen Kontakt könnte man ihn wohl am ehesten als „Nerd“ kennzeichnen.

Mangels Alternativen und dem Rat und Beispiel seines Vaters folgend, meldete er sich mit 21 freiwillig zur US-Army.
Für mich ist klar und absolut nachvollziehbar, warum so ein junger Mann im US-Militär seine (vermeintliche) Zukunft sucht. Solche Menschen werden durch die US-Gesellschaft produziert. Sie sind NICHT per se schlecht.
Wir in Europa (mit deutlich besseren Bildungs- und Sozialsystemen) sollten uns bei der Bewertung solcher Personen zurücknehmen!

  • Sein Weg im US-Militär

Bradley Manning bewarb sich 2007 bei der amerikanischen Armee. Bereits vorhandene Computerkenntnisse gaben nach seiner

Grundausbildung in Fort Leonard Wood, Missouri, den Ausschlag für seine weitere militärische Verwendung. In Fort Huachuca, Arizona, absolvierte er eine Ausbildung zum Nachrichtenanalysten, in der er unter anderem den Umgang mit militärischen Datenbanken erlernte. Er erhielt die Zulassung für die Geheimhaltungsstufe „Top Secret“.
Er war später in der Forward Operating Base Hammer, etwa 60 Kilometer östlich von Bagdad, stationiert. Während seiner Stationierung im Irak von Mitte 2009 bis Mai 2010 soll er über das SIPRNet, ein Rechnernetz des Außen- und Verteidigungsministeriums der USA, Zugang zu geheimen Informationen gehabt haben, weil er in einem Aufklärungs- und Abwehrbataillon eingesetzt war. Ansonsten hätte er aufgrund seines Dienstgrades als Obergefreiter dazu keinen Zugang haben dürfen.

  • Er wird schwul – kommt in Kontakt mit der liberalen Hochschulwelt in Boston

Manning lebt in seinem Privatleben offen homosexuell. Er verheimlichte seine sexuelle Orientierung aber bei seinem Arbeitgeber aufgrund der während seiner Dienstzeit noch gültigen US-amerikanischen Regel „Don’t ask, don’t tell“.
Als er einen Freund mit militärkritischen Ansichten und liberale Studenten des MIT kennengelernt hatte, wurde das zum Problem für ihn.

  • Er wird zum Whistleblower

Durch diesen Freund aus linken Zusammenhängen werden BM die Augen geöffnet. Dadurch entwickelte sich seine Kritik am Militär und er beging „den Verrat“.
Tragischerweise hatte er zu der Zeit einen neuen Freund, der aber leider Informant der US-Behörden war!
Insofern wurde der Verräter (am Staat) durch einen Freund (im Zwischenmenschlichen!) verraten!

In Bagdad sieht er während seiner „Arbeit“ die eben beschriebenen „schmutzige Wahrheit über den Krieg“ – und verliert den Glauben an die ethische Qualität das US-Militärs.
Er kontaktiert Julian Assange von Wikileaks und übergibt ihm Mengen von Daten.

Das berühmteste seiner Dokumente:
das Killer-Video des weltweit bekannt gewordenen Hubschrauberangriffs 2007 in Bagdad, bei dem die Besatzung gezielt auf Zivilisten und zwei Journalisten geschossen und diese ermordet hat.

Der Rest ist bekannt …

Welchen Preis bezahlt er für sein Whistleblowing?

Er sitzt seit dem 26.Mai 2010 in einem Militärgefängnis.
Er wird mit der Todesstrafe bedroht.
Es gibt Kontaktsperren.
Er muss monatelang teilweise unbekleidet (also nackt!) in seiner Zelle leben.
Er lebt unter dauerhafter Neonbeleuchtung. Wecken rund um die Uhr
Alles Dinge, die normalerweise in zivilisierten Gesellschaften als „weiße Folter“ gebrandmarkt sind.

Er steht nicht vor zivilen US-Strafbehörden, sondern ist einem US-Militärgericht ausgeliefert.
Heute steht der Prozess gegen ihn kurz vor dem Abschluss. Die AN von gestern (die weder ein Freund von Whistleblowing geschweige denn von Manning Bradley ist!) überschreibt diese Meldung mit „Lebenslang plus 154 Jahre Haft für Manning?“

Bekommt Bradley Manning Unterstützung?

Mittlerweile gibt es weltweite Unterstützungsgruppen für MB. Wer hier mithelfen will, kann sich wirklich sehr nützlich machen um diesen verdienten Kämpfer für Frieden und Menschlichkeit, um ihm die notwendige Unterstützung angedeihen lassen.

Schlussbemerkung

Ich würde mir DIESEN Mann sehr als Friedens-Nobel-Preisträger wünschen. Dieser Preis gebührt ihm. Nicht etwa, weil er ein Pazifist ist (das konnte er bei seiner Biographie nie werden!).
Nein, im Gegenteil, weil er – NACHDEM er gesehen und verstanden hat, was das US-Militär anrichtet – nicht mehr schweigen wollte!

Er hat mit seiner (formal illegalen – tatsächlich aber legitimen!) Handlung große Gefahren für sich selber heraufbeschworen, Aber er hat dabei eine großartige menschliche Leistung des Widerstands vollbracht.
Ich bin keineswegs religiös, aber bei seiner Handlung schlägt dann doch meine europäisch-christliche Bildung durch: Irgendwie erinnert MB mich an die Geschichte „vom verlorenen Sohn“.
Da wird einer durch die Gesellschaft zum Militaristen gemacht. Aber er befreit sich aus dieser Ideologie und gibt der Wahrheit und Ehrlichkeit den Vorzug!

Für Bradley Manning: Hoch die internationale Solidarität!

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