Expertenmeinung: Betrieb vom AKW Tihange fragwürdig!
3. März 2016 | Veröffentlicht von Cédric Vallet / ws, Keine KommentareMinderheit der Expertenkommission widerspricht dem Betrieb von Bröckel-AKW-Tihange 2 !
Für die Genehmiigung zum Wiederanfahren des AKW Tihange 2 war seitens der FANC eine Voraussetzung, dass eine Expertenkommission entsprechende Zustimmung erteilen solle. Diese Expertenkommission hatte aber nicht einstimmig beschlossen, sondern es hatte ein Minderheitsvotum gegeben. Das wurde heute in der belgischen Wochenzeitung „Le Vif“ veröffentlicht. Die kraz veröffentlicht hiermit diesen Text als deutsche Übersetzung. (Der französischsprachige Originaltext ist hier nachzulesen)
— Deutsche Übersetzung —
„Das Wiederanfahren von den Atomreaktoren Tihange 2 und Doel 3, hat das belgische föderale Amt für nukleare Kontrolle(FANC) auf das Urteil einer Gruppe von neun internationalen Experten zurückgeführt . Einer von ihnen – Helmut Schulz – hatte nicht dieselben Schlussfolgerungen wie seine Kollegen Dies erklärt er hier zum ersten Mal.
War es klug die Kernreaktoren Doel 3 und Tihange 2 neu zu starten, obwohl ihre Reaktordruckbehälter mit Tausenden von Rissen durchzogen sind? Für die belgische Atomaufsicht (FANC), die das grüne Licht im November 2015 zum Wiederanfahren gab, kein Zweifel: „Es gibt keine Hinweise die einen Neustart der Reaktoren Doel 3 und Tihange 2 verhindern“ Die Agentur stützt sich auf den Bericht der Sachverständigen des internationalen Beratungsrates (International Review Board, IRB), welchen sie selbst zusammengestellt hat, deren Aufgabe es war, die Beständigkeit gegenüber der Bestrahlung der beiden beschädigten Reaktordruckbehälter zu bewerten. Die neun internationalen Experten die beauftragt wurden, unterstützen mit ihrer Beurteilung die Schlussfolgerungen von Electrabel und das Wiederanfahren , sagte Jan Bens, Leiter der FANC, am 2. Dezember. Obwohl „einer von ihnen hatte Vorbehalte“, hat Jan Bens auch gesagt.
Dieser Experte mit den Vorbehalten gegen das Wiederanfahren ist Helmut Schulz, der in dieser Woche in Le Vif / L’Express zu ersten mal öffentlich hierzu spricht. Der Deutsche, international anerkannte Kerntechnikexperte, erfahren in Auswertung von Komponenten und Strukturen, arbeitete 40 Jahre auf dem Gebiet der Sicherheit in AKW, vor allem innerhalb der Deutschen Gesellschaft für die Sicherheit von Kernanlagen und Kernreaktoren.
Im Gegensatz zu seinen acht Kollegen, denkt er, dass die gewählte Methode der Untersuchung nicht annähernd ausreichend vorsichtigen Umgang mit den defekten Reaktorbehältern gewährleistet. Dass die vorgegebenen Parameter nicht notwendigerweise relevant sind, um genau die Widerstandskraft der Reaktordruckbehälter zu beurteilen, die so zahlreiche Defekte enthalten. Aber das ist die Frage deren Antwort nicht gegeben wurde: Wie schwächen diese Risse und Beschädigungen im Reaktorinneren – Spezialisten nennen dies auch Wasserstoff Flocken im Stahlring – die Reaktorbehälter Doel 3 und Tihange 2 ?
Nach Ansicht mehrerer Experten, darunter Helmut Schulz, sind sie wahrscheinlich sicher, wenn die Anlage normal arbeitet. Aber im Falle eines Unfalls? Im Notfall? Wenn das Kühlwasser in den Reaktor gepumpt wird um den plötzlichen, enormen Temperaturanstieg herabzusetzen . Hier meint er, es kann zu einem thermischen Schock kommen und damit zum Bersten des Reaktordruckbehälters.
Helmut Schulz erwähnte auch die Neigung dieser Risse, ob sie paralel liegen oder senkrecht oder sonst wie verlaufen, wissen die 9 Experten nicht mit Sicherheit.
„Doch wenn die Beschädigungen/ Risse nicht parallel sind, wird der Reaktordruckbehälter sehr zerbrechlich sein“, sagte Damien Ernst, Professor für Elektrotechnik an der Universität Lüttich. Für ihn zeigt die Meinung von Helmut Schulz “ wie schwierig eine wissenschaftliche Frage zu beantworten ist, wenn das Material nicht geprüft werden kann. Eine Materialprüfung erfordert die Zerstörung der Reaktordruckbehälter T2 u. D3 .“
Allerdings hat der deutsche Experte nicht zum Abschalten der zwei Reaktorblöcke geraten, da dies sein Mandat überschreiten würde. Dies zeigt die Haltung des Wissenschaftlers, dessen Entscheidungen nur auf Tatsachen beruhen. Er meint aber: das bisherige Wissen und die vorliegenden Daten sind nicht genau genug, um jetzt sicher zu wissen, wie das Metall der Reaktorblöcke Doel 3 und Tihange 2 auf Bestrahlung und plötzliche enorme Hitzeeinwirkung reagiert.“
Redakteur: Cédric Vallet
(Übersetzung durch Michael Rabald)
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