Eine Urteilsverschärfung

24. September 2024 | Veröffentlicht von , 2 Kommentare

im Corona Berufungsprozess

Gestern gab es die Berufungsverhandlung zu einem Urteil, das wegen ‚Widerstand gegen die Staatsgewalt‘ in Zeiten der damaligen Corona-Hysterie in 2.6.2023 ergangen war.
Die damalige Strafe wurde jetzt auf ’sechs Monate Haft mit zweijähriger Bewährungsauflage‘ verschärft, dafür wurde aber die bisherige ‚Strafzahlung von 3600 €‘ erlassen. Aber die Angeklagte muss alle Prozesskosten tragen – auch die der jetzigen Berufungsverhandlung, die durch die Staatsanwaltschaft angestrengt worden war.Das ganze Verfahren hatte viele Eigentümlichkeiten und Ungereimtheiten, über die wir kurz vor dem Prozess schon berichtet haben (==> hier).

Sieben PolizistInnen gegen ein Pärchen im Supermarkt

Schon die Festnahme der Angeklagten und ihres Partners am 4.9.2021 in einem fast leeren REWE-Supermarkt durch sieben Polizisten aus drei Streifenwagen war einstaunlich aufwendig. Diese wurden dann auch noch unterstützt durch weiteres REWE-Sicherheitspersonal.

Zum konkreten Ablauf und den Details der Ereignisse gibt es zwei völlig konträre Beschreibung, nämlich die aus Sicht der Angeklagten und die aus Sicht der Polizei.
Mittlerweile gilt davon die Version der Polizei als „rechtlich gesichert“ – weil die Angeklagte das entsprechende Urteil auf Anraten ihres damaligen Verteidigers angenommen hat. Trotzdem gibt es natürlich weiterhin auch ihre Sicht der Dinge.

Wer wollte eigentlich die gestrige Berufungsverhandlung?

Für den gestrigen ‚Berufungsprozess‘ hatte die Angeklagte eine schriftliche Vorladung bekommen, in der (fälschlicherweise!) stand, SIE hätte Berufung eingelegt. Dieser Widerspruch wurde gestern nicht besprochen sondern es war völlig klar, dass die Staatsanwaltschaft eine Verschärfung des ursprünglichen Urteils haben wollte!

Die Verhandlungen

Bei der etwa 2 1/2-stündigen Verhandlung waren 17 UnterstützerInnen der Angeklagten im Amtsgericht dabei. Sie mussten sich eine sehr intime Befragung und persönliche Darstellung des Lebenslaufs der Angeklagten anhören. Dabei wurde – zumindest für den kraz-Redakteur – schmerzlich sichtbar, welches psychische und physische Leiden die damalige Festnahme der Angeklagten, aber auch die nachfolgenden Behandlung seitens der Staatsmacht und der juristischen Folgen ausgelöst haben.
Das Ereignis hat ihr Leben materiell grundlegend verändert: von der Erwerbsarbeit bis hin zu den sonstigen Perspektiven des Lebens.

Als kraz bitten wir daher um ökonomische Unterstützung der Verurteilten. Ein Konto wird noch eingerichtet, bis dahin können UnterstützerInnen das Geld ‚in bar‘ über persönliche Kontakte spenden.

Leser haben 2 Kommentare hinterlassen.

  • Bruno hat kommentiert am

    Schön dass der Rechtsstaat noch funktioniert.
    Dass Angeklagte eine andere Sichtweise haben ist legitim und nachvollziehbar.
    Dass Gesetze für alle gelten aber auch.

    • Petra Dirksen hat kommentiert am

      Funktionierenden Rechtsstaat habe ich im Rahmen dieses Prozesses nicht erlebt, sondern eine die Polizei schützende Justiz. Ich habe alle Verhandlungen sowohl zunächst vor dem Amtsgericht und dann vor dem Landgericht als interessierte Zuschauerin beobachtet. Im Vergleich zu der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht, die recht entspannt und sachlich verlief, zeigten sowohl der Richter als auch die Staatsanwältin bei den vorausgehenden Verhandlungen vor dem Amtsgericht deutlich ihre Voreingenommenheit gegenüber der Angeklagten. Bei der kleinsten Regung wurde sie mit harschem Ton ermahnt. Es wurde ihr sogar verboten, einen Schluck Wasser aus ihrer mitgebrachten Trinkflasche zu nehmen. Sich deutlich widersprechende Zeugenaussagen von Polizisten und Sicherheitskräften wurden kommentarlos stehen gelassen. Mal trug die Angeklagte einen Mundschutz – mal trug sie ihn nicht – mal ging man vor ihr – mal hinter ihr – mal hatte sie die Sicherheitskräfte angespuckt – mal nicht….. Der Lebensgefährte der Angeklagten, der gemeinsam mit ihr dieser Polizeiaktion ausgesetzt war, war ein Mitangeklagter und durfte nicht aussagen. Der einzige Zeuge, der zugunsten der Angeklagten aussagte, war ein junger Mann, der sich vor Ort in die Situation eingemischt hatte, weil er nicht mitansehen konnte, wie eine ältere Frau von der Polizei malträtiert wurde. Er wurde selbst angeklagt und verurteilt wegen Behinderung der Polizeiarbeit. Seine Aussage wurde vom Richter nicht gewürdigt und außer Acht gelassen, weil er während seiner emotionalen Darstellung der Situation die Polizei als „blaue Mafia“ bezeichnete. Wahrheitsfindung musste hier hinter sprachlicher Korrektheit zurück stehen. Als Beobachterin dieses Prozesses bleibe ich zurück mit dem Gefühl, dass Deutschland ein Problem hat: sowohl mit seiner Polizei als auch mit seiner Justiz.

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