Der 80-ste Tag der Befreiung Aachens 1944

14. Oktober 2024 | Veröffentlicht von , Keine Kommentare

und die Rolle der damaligen UdSSR

Erfreulicherweise hatte die Stadt Aachen am Sonntag im Krönungssaal des Rathauses einen Festakt zum Gedenken an den 80-sten Jahrestag der Befreiung von den Nazis organisiert.
Parallel dazu fand auf dem Marktplatz vor dem Rathaus – ebenfalls zu diesem Jahrestag – eine weitere Gedenkveranstaltung statt. Hier war der Schwerpunkt etwas anders gesetzt: es ging um die geschichtliche Wahrheit, …

dass die Befreiung Aachens erst möglich wurde, weil zuvor Russland und die anderen Sowjetrepubliken die militärische Niederlage Nazi-Deutschlands eingeläutet hatten.

Die offizielle Gedenkfeier im Krönungssaal

Dort waren viele BürgerInnen Aachens anwesend, aber auch Delegationen aus den Partnerstädten – und Joschka Fischer, der ehemalige grüne Außenminister hielt dort die Festrede! Bei einem so wichtigen Thema wie „Frieden“ sprach also der Mann, der 1999 wesentlich den Krieg gegen Jugoslawien, den ersten Krieg mit deutscher Beteiligung nach 1945 vorangetrieben hatte!
Erwartungsgemäß nutzte Fischer seine Rede auch dafür, Russland einseitige Schuldzuweisungen wegen des Ukraine-Krieges zu machen, während er kein Wort darüber verlor, dass genau dieses Russland vor 80 Jahren mit riesigen Menschenopfern die Voraussetzungen geschaffen hatten, das Nazi-Deutschland besiegt und u.a. auch Aachen befreit werden konnte. Es gab reichlich Applaus für ihn – aber während der Rede erscholl im Krönungssaal einmal der Ruf „Kriegsverbrecher“ – und alle Köpfe drehten sich zum Rufenden.

Am Tag danach gab es einen ausführlichen Bericht in der Aachener Zeitung [1] über die Gedenkfeier. Fischer wurde ausführlich zitiert und gelobt. Aber auch von Seiten der AZ stand leider nichts zu dem wichtigen Anteil Russlands an Aachens Befreiung.

Leider gab es in der AZ auch keinerlei Informationen über die Kundgebung VOR dem Rathaus …

Die Gedenkfeier VOR dem Rathaus

Dort hatten sich ca. 25 Menschen mit einigen großen Transparenten versammelt, die einerseits auch sehr der Befreiung Aachens gedachten, die aber zusätzlich darauf insistierten, dass auch die damalige Rolle Russlands erwähnt werden müsse. Das umso mehr weil mittlerweile in Deutschland wieder – teilweise auf Basis der „alten“ Ressentiments – eine generelle Russenphobie zu beobachten ist.

Die Reden

Markus Kirch von der Freien Linken Aachen stellte das Bündnis „Diplomatie statt Waffen und Sanktionen“ vor. Er sprach über die bisher 27 Kundgebungen dieses Bündnisses seit Februar 2022 und betonte, dass es bei vielen Veranstaltungen inhaltlich auch um das Thema Propaganda im Ukraine- und im Gazakrieg ging.
So sehr der Einsatz der Amerikaner bei der Befreiung vom Hitlerfaschismus auch zu begrüßen sei, es müsse festgehalten werden, dass im Rathaus in Aachen heute auch Propaganda betrieben werde, wenn auf einer solchen Veranstaltung die Rolle der UdSSR und Russlands als deren Rechtsnachfolger völlig ausgeblendet wird.
Er zählte einige Beispiele für aktuelle Propaganda auf:

  • das Framing im Liveticker der Tagesschau, wo jeden Tag zu lesen sei, dass die Hisbolah aus dem Libanon heraus Israel mit Raketen angegriffen habe und Israel daraufhin zurück schieße. Dieser Sachverhalt könne doch genauso gut anders herum beschrieben werden, nämlich das Israel den Libanon bombardiert habe und nun die Hisbollah zurück geschossen hätte – so würde es aber in unseren Leitmedien niemals dargestellt.
  • Auch die Berichterstattung über die Ukraine als Verteidiger westlicher Freiheiten und der Demokratie spare immer wieder wichtige Ereignisse aus: den gewaltsamen Umsturzes 2014, den Brand im Gewerkschaftshaus in Odessa, das rechtsradikale Asow-Bataillon, den Bürgerkrieg gegen den Donbass seit 2014 und das Verbot von mehr als zehn oppositionellen Parteien in der Ukraine seit Kriegsbeginn.
  • Auf der anderen Seite würden bei Russland regelmäßig positive Aspekte weggelassen, wie eben dessen Rolle im zweiten Weltkrieg oder die Annäherungsversuche in den frühen 2000er-Jahren.
  • Stattdessen werde Russland ständig mit abwegigen Vorwürfen konfrontiert, wie z.B. bei Nordstream2, nämlich seine eigenen Pipelines gesprengt zu haben oder bei dem Atomkraftwerk in Saporischja, wo Russland beschuldigt wird es zu beschießen, obwohl seine eigenen Soldaten dort stationiert sind und es in russischer Hand ist.

Nach einer musikalischen Zwischeneinlage sprach Walter Schumacher, ebenfalls von der Freien Linke Aachen.
Sein Schwerpunkt war die Freude über die Befreiung Aachens aber noch mehr die vorherige Befreiung unserer westlichen Nachbar in Frankreich, Belgien und den Niederlanden.
Und er betonte wie wichtig es sei, Russlands Rolle in Europa vernünftig einzuschätzen. Er verwies dazu auf das mitgebrachte Transparent mit der Aufschrift

„Frieden in Europa ist nur möglich
MIT und nicht GEGEN Russland!“

Dieses Transparent (in Deutsch und auf Russisch) sei im Mai 2019 von elf AachenerInnen in Moskau auf dem Marsch des ‚unsterblichen Regiments‘ mitgetragen worden – und sie seien damals als Deutsche von allen umstehenden Russen herzlichst willkommen geheißen worden.

Zum Abschluss sprach Ansgar Klein von den ‚Aachener für eine menschliche Zukunft‘. Sein Thema war die Rolle von Joschka Fischer während des Jugoslawienkrieges und die damalige Verwandlung der ‚Grünen‘ von einer Friedens- zu einer Kriegspartei.
Nach einer 3/4 Stunde wurde die Veranstaltung ohne Zwischenfälle beendet.

Anmerkung

[1] Ein-Festakt der vor allem Mahnung war (hinterpaywall)

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