Alemannia wieder im Alltagstrott?

14. August 2012 | Veröffentlicht von Anne Waldgraf / ws , Keine Kommentare

Rechtsradikale Alemannia Fans randalieren. Doch die Alemannia-Führung will sich immer noch nicht von ihrem rechten Konsens lösen.

Obwohl mittlerweile auch die bürgerlichen Medien wie AN/AZ breit über die Gewaltaktionen durch rechtsradikale Fangruppen im Alemannia-Umfeld berichten, wird immer noch zu wenig deutlich gemacht, dass es hier um POLITISCHE Auseinandersetzungen und nicht um „normale“ Fan-Streitereien geht. Deshalb hier ein weiterer Bericht unserer Redakteurin:

Seit dem Auswärtsspiel in Saarbrücken am 07.08.2012, bei dem die antirassistischen Aachen Ultras (ACU) von Mitgliedern der rechts-offenen bis militanten rechten Karlsbande (KBU) angegriffen wurden, gab es viel Aufruhr um die Alemannia. Bundesweit wurde in der Presse berichtet und der Verein ließ sich sogar zu der Aussage hinreißen, es sei bereits später als fünf vor zwölf.

Manch einer würde an dieser Stelle richtig stellen wollen, dass es längst Zwölf geschlagen hat. Zumindest sprechen die zahlreichen Eskalationen des letzten halben Jahres dafür, bei denen jedes mal Mitglieder der KBU als Aggressoren fungierten.

Die Alemannia hat mittlerweile sogar bestätigt, dass manche Menschen, die der Gewalt der Karlsbande zum Opfer gefallen sind, Angst haben, sich in Aachen und insbesondere am Tivoli frei zu bewegen oder ihre Meinung zu äußern.

Doch was tut der Verein gegen diese Zustände?

Der Spieltag nach dem Desaster im Saarland.

Es ist bestes Fußballwetter. So haben sich circa 15.000 Zuschauer nicht bitten lassen, das Fußballspiel Alemannia gegen Kickers Offenbach im Stadion mitzuverfolgen. Die Stimmung scheint ausgelassen zu sein. Außer eines erhöhten Ordner- und Polizeiaufgebots scheint sich nichts geändert zu haben – und bei genauerem Hinsehen bestätigt es sich: dieser Schein trügt leider nicht. So ist die Karlsbande immer noch mit allen ihren Mitgliedern im Stadion. Sie skandieren weiterhin ihre Gesänge und verteilen ihre Fan-Zeitungen.

In diesen Heftchen findet sich dann eine ganz andere Schilderung der Lage. Jene Täter stellen sich so dar, als wären sie ihrerseits einem Angriff in Saarbrücken zum Opfer gefallen. Kein Wort wird darüber verloren, dass von ihren Mitgliedern der Angriff ausging, bei dem auf Menschen eingetreten wurde, die am Boden lagen. Mit keinem Wort werden die Rangeleien erwähnt, die die Karlsbande an einer Tankstelle verübten, sodass sie kurze Zeit später von der Autobahnpolizei aus dem Verkehr gezogen wurden.

Damit nicht genug erklingen immer wieder aus dem S3 Block, in welchem die Karlsbande beheimatet ist, Rufe wie „Auf die Fresse! Auf die Fresse!“. Diese Rufe bekommt nach den Ereignissen des vergangenem Dienstags einen ganz anderen Beigeschmack. Auch ertönt aus den Reihen der Karlsbande „Auf den Rängen toben die Skinheads und auf dem Rasen die Alemannia.“ An dieser Stelle darf man sich durchaus fragen, von welchen Skinheads hier die Rede ist?

Ein weiterer Ruf, der schon seit mehreren Jahren über den Tivoli schallt, durfte natürlich nicht fehlen: „Asylanten! Asylanten!“. Auch sollen laut Augenzeugenberichten Leute angegriffen worden sein, die sich mit den Aachen Ultras solidarisieren wollten.

Die Reaktion der Alemannia-Führung

Die angekündigten Maßnahmen, von denen die letzte Woche die Führungsetage der Alemannia sprach, blieben aus. So wurde bei keinen der beschriebenen Ereignisse durchgegriffen, wie sich manch einer nach der Ansage „Wir haben es schon nach fünf vor zwölf!“ erhofft haben mag.

Im Gegenteil: die einzige bemerkbare Reaktion war, dass die Aachen Ultras in ihrem Block solange warten mussten, bis die Karlsbande das Gelände verlassen hatte. Auch wurden Mitglieder der ACU im Gegensatz zu den Mitgliedern der Karlsbande von Ordnern nicht sofort zu ihrem Stand gelassen.

Fünf nach zwölf!

So scheint es, dass es bereits weit nach zwölf ist, wie die Aachen Ultras auf einem Transparent titeln, welches sie vor dem Spiel entrollten. Das scheint aber nicht in allen Köpfen auf dem Tivoli angekommen zu sein.

Ganz im Gegenteil wird auf einigen Seiten des Sozialen Netzwerks „Facebook“ mittlerweile sogar ein Verbot und ein damit einhergehender Verweis aus dem Stadions der Aachen Ultras gefordert. Schließlich würden diese „Politik“ ins Stadion bringen und nicht die „unpolitische“ Karlsbande . Kein Wort darüber, dass auf dem Aachener Tivoli seit Mitte der 70er Jahre ein rechter Konsens herrscht, der immer wieder von den lokalen Nazigrößen untermauert wird. Durch den Einfluss der Rechtsradikalen konnten sich hier in den letzten Jahrzehnten einen gefestigte Naziszenen bilden, die laut Verfassungsschutz NRW mittlerweile zu den größten und aktivsten Naziszenen NRWs gehört.

So wird erneut neonazistisches und rechtsradikales Gedankengut auf dem Tivoli öffentlich geduldet und die Opfer rechter Gewalt allein gelassen, der einziges „Vergehen“ ist, sich für demokratische Werte einzusetzen und sich gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie zu positionieren.

Es war folglich leider mal wieder „ein ganz normaler“ Spieltag auf dem Aachener Tivoli, an dem die Nazis das Stadion als ihr Rekrutierungsfeld nutzen konnten. Also: Alles beim Alten!

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