Antisemitische Parolen auf Demonstrationen ?

17. Juni 2021 - 16:00 bis 18:00

Internet – Online,

Die Katholische Hochschule in Aachen informiert

am Donnerstag mit dem Experten Samuel Salzborn.
Diese Veranstaltung wurde in den AN mit dem folgenden Text [1] angekündigt.
Hierzu schreibt uns Herr Peter Blaszyk folgenden kritischen Kommentar [2].

[1] Einladungstext aus den AN vom 14.6.21

„Es geht nicht nur darum, dass Corona verharmlost oder gar geleugnet wird, wenn sich bei Demonstrationen gegen die Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie Protestierende „Judensterne“ anheften oder die Maßnahmen mit dem Nationalsozialismus gleichsetzen. Solche Demonstranten „relativieren damit zugleich die Shoah und verharmlosen den Nationalsozialismus“, lautet die Einschätzung des Zentrums für Antisemitismus- und Rassismusforschung (CARS) der Katholischen Hochschule in Aachen.
„Darin artikuliert sich ein tief verankertes Bedürfnis der Schuldabwehr und der Täter-Opfer-Umkehr“, stellen die CARS-Experten fest und erkennen darin „auch manifesten Antisemitismus“.
Bei „Hygienedemonstrationen“ artikulierten sich „Verschwörungsmythen, die in ihrer Struktur antisemitisch“ sind. Entspringen die bei Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen artikulierten Verschwörungsmythen einer bewussten antisemitischen Haltung, oder geschieht so etwas eher aus Gedankenlosigkeit beziehungsweise Unkenntnis der Geschichte? Verfolgen diejenigen, die sich bei diesen Protesten gewollt oder ungewollt als Antisemiten zu erkennen geben, ein bestimmtes politisches Ziel?
Um „Antisemitismus und Verschwörungsdenken im Kontext der Corona-Pandemie“ auf den Grund zu gehen, lädt das CARS am kommenden Donnerstag, 17. Juni, um 16 Uhr zu einer digitalen Veranstaltung ein mit dem Gießener Politikwissenschaftler und Antisemitismusbeauftragten des Berliner Senats, Samuel Salzborn. „Die Versammlungen waren von Beginn an im Frühjahr 2020 getragen von einer verschwörungsideologischen Klammer. Verschwörungsglauben ist in seiner historischen
Genese und weltanschaulichen Struktur eng mit Antisemitismus verbunden“, sagt Salzborn unserer Zeitung. „Faktisch laufen Verschwörungserzählungen so gut wie immer auf Antisemitismus hinaus.“
Der Verschwörungsglaube sei kontinuierlich das integrierende Element der Corona-Demonstrationen. Antisemitische Parolen und Visualisierungen habe es von Anfang an gegeben. „Der offene, in keiner Weise kaschierte Antisemitismus, in dessen Zentrum eine geschichtsrevisionistische Relativierung,Verharmlosung oder Leugnung der Shoah steht“, sei aber, so Salzborn, „von immer größerer Relevanz, sowohl was Verbreitung wie auch Radikalität angeht“.
Salzborn sieht einen kausalen Zusammenhang: Je offener Antisemitismus artikuliert und nicht sanktioniert werde, desto stärker seien auch Gewaltbereitschaft und Gewalttätigkeit, desto mehr werde die Shoah relativiert oder geleugnet. „Die offene Instrumentalisierung von Opfern des Nationalsozialismus ist dabei ein wesentlicher Ausdruck dieses geschichtsrevisionistischen Antisemitismus.“
In Aachen kommen die CARS-Experten zu ähnlichen Forschungsergebnissen, wonach„sicherlich auch ein Teil“ der bei den Demonstrationen „artikulierten Einstellungen mehr oder minder bewusst antisemitisch ist“ – wenn auch in Teilen verschlüsselt. Die Protestgruppe sei zwar keinesfalls homogen, es sei aber zu beachten, dass„der kleinste gemeinsame Nenner der Demonstrierenden ihr geteilter bewusster wie unbewusster Antisemitismus zu sein scheint“.
Alle Interessierten für die Veranstaltung mit Salzborn können sich per Mail beim CARS anmelden:
==> j.breidung@katho-nrw.de.
Die Zugangsdaten werden dann ebenfalls per Mail übermittelt.

[2] — Dazu hier die Kritik von Peter Blaszyk —

Das Zentrum für Antisemitismus- und Rassismusforschung (CARS) der Katholischen Hochschule, Aachen, veranstaltet ein Seminar mit dem Titel „Antisemitismus und Verschwörungsdenken im Kontext der Corona-Pandemie“.
Ein sicherlich relevantes und interessantes Thema.
Einleitend geht der Redakteur in der Ankündigung in den Aachener Nachrichten v. 14.06.2021 auf die Vorgänge auf Demonstrationen ein. Richtig wird hier das Tragen von Judensternen und der Vergleich der Coronamaßnahmen mit dem Nationalsozialismus als verharmlosend bezeichnet. Wo immer dies vorgekommen ist, ist dies absolut inakzeptabel und als vollkommen deplaziert zu bezeichnen. Die Erkenntnis das die offene Instrumentalisierung von Opfern des Nationalsozialismus Ausdruck dieses (eines) geschichtsrevisionistischen Antisemitismus ist, bleibt zu hinterfragen. Im Zusammenhang mit Coronademonstrationen ist hier vielleicht kein Geschichtsrevisionismus, sondern nicht entschuldbare Unkenntnis und pure Verzweiflung grundlegend. Diese Form des Darstellung bleibt selbstverständlich trotz aller Betroffenheit deutlichst abzulehnen.
Im Rahmen der Ankündigung wird jedoch dann der Versuch unternommen, die Feststellungen des Antisemitismusbeauftragten zu generalisieren. Nach zuzustimmenden einleitenden Feststellungen werden mit Äußerungen wie:
– Bei „Hygienedemonstrationen“ artikulierten sich „Verschwörungsmythen, die in ihrer Struktur antisemitisch“ sind
– Verschwörungsglauben ist in seiner historischen Genese und weltanschaulichen Struktur eng mit dem Antisemitismus verbunden
– Faktisch laufen Verschwörungserzählungen so gut wie immer auf Antisemitismus hinaus
– es ist zu beobachten, dass der kleinste gemeinsame Nenner der Demonstrierenden ihr geteilter bewußter wie unbewusster Antisemitismus zu sein scheint
Die unverbindlichen Formulierungen in der Ankündigung machen die Diktion nicht harmloser. Die Formulierungen
– gewollt oder ungewollt
– faktisch
– so gut wie immer
– sicherlich auch ein Teil
– mehr oder minder
– wenn auch in Teilen verschlüsselt
– bewusst wie unterbewusst
– zu sein scheint
machen Alles möglich. Tendenzleser werden „bewusst oder unterbewusst“ in eine Sichtweise gelenkt:
Wer die Mainstream-Meinung hinterfragt = Verschwörungsgläubig = Antisemit.
Welche Gefahr durch solche Stigmatisierungsübungen für die Demokratie entstehen kann, kann sich jeder kritische Leser ausmalen.
Sicherlich kann der Redakteur in vier Teilspalten die Problematik nicht wissenschaftlich korrekt abhandeln.
Aber merke: gut gemeint ist nicht gut gemacht!
Ich hoffe, dass die Qualität der Veranstaltung sich deutlich vom Text der Ankündigung abhebt.
Peter Blaszyk

ICAL